Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 6. (Dritte Folge, 1909)

Briefe des Feldzeugmeisters Paul Freiherrn Kray de Krajova et Topolya an seinen Bruder Alexander von Kray. Mitgeteilt und zu einer Lebensschilderung erweitert von Hauptmann Dr. Just - I. Abschnitt. Erziehung und militärische Laufbahn Krays bis zu seiner Anstellung in den Niederlanden 1793

36 Just. nommen habe. Sehr schwer fallet mir jetzt anfangs die Be­sorgung der so verschiedenen, als bedenklichen Grenzgegen­stände. Ich bin ohne Auditor und Rechnungsführer, welches also meine Verlegenheit vergrößert. Zum Glück hat mich die Ubernahmskommission vom alten Rechnungswesen freigezählt, und ich darf nur für das Präsente und Kurrente haften. Ich werde mich auch in dieses schicken lernen. Jedes im Regi­ment ist durch meine Ankunft vergnügt und belebt und ich hoffe, bald alles in Ordnung und Beruhigung zu bringen. Orlath hat die angenehmste Gegend von der Welt; rück­wärts Anhöhen, Gebirge und Waldungen, seitwärts Anhöhen mit Weingärten und vorwärts Ebene bis Hermannstadt. Mein Quartier ist ein Stock hoch gebaut, hat einen schönen, großen Hof und drei große Obst- und Kuchelgärten nebst drei kleinen Teichen, daran ein Bach fließt und Forellen und andere Fische sich halten. Mein Vorfahre hat vieles zu Grunde gehen lassen, so ich jetzt mit Unkosten hersteilen muß. Auf dem Land muß man sich mit allerhand derlei Kleinigkeiten abgeben, um der Langeweile auszuweichen. Der kommandierende General hat mich nicht nur recht gnädig empfangen, sondern ist sogar zur Übernahme des Regi­mentskommandos gekommen und hat sich ein paar Stunden bei mir verweilet. Du kannst nicht glauben, mit was Achtung und freundschaftlichen Deklarationen mich die Hermannstädter Noblesse empfangen und distinguiert hat. Vanitas vanitatum! Ein anderer würde von seinem Glücke mehr zu profitieren gesucht haben, ich bin aber ganz zufrieden und beruhigt, aus der odiosen und bedenklichen Affäre heraus zu sein. Euer Regiment wird in Erlau besser als in jetziger Gegend stehen. Wenn Du in Erlau für Hansel ein gutes Konvikt fändest, so wäre es mir ganz lieb, daß er unter Deinen Augen wäre, denn nach Wien ist es für ihn zu früh und in der Ingenieurschule verlangt man für ihn 400 fl. ohne Bücher und andere Kleinigkeiten. Auch dieses wollte ich nicht scheuen, wenn ich nur wüßte, daß er reüssieren werde. Siebenbürgen verdient gesehen zu werden und außerdem hat auch unser Grenzdienst viel Unterhaltliches für einen Feld­offizier. Ich habe beim Regiment außer den Füsiliergrenzern 276 Artilleristen und 192 Scharfschützen, folglich dreierlei

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