Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 6. (Dritte Folge, 1909)
Briefe des Feldzeugmeisters Paul Freiherrn Kray de Krajova et Topolya an seinen Bruder Alexander von Kray. Mitgeteilt und zu einer Lebensschilderung erweitert von Hauptmann Dr. Just - I. Abschnitt. Erziehung und militärische Laufbahn Krays bis zu seiner Anstellung in den Niederlanden 1793
8 J USt. liehe Gnade zu erbitten und wenigstens teilweise die ver- mögensrechtlichen Folgen der Verurteilung seines Vaters zu mildern, begab er sich nach Wien. Sein heißes Blut brachte ihn aber in einen Konflikt, der die Ausführung seiner nächsten Pläne völlig vereitelte. Ein heftiger Wortwechsel mit dem Rittmeister Riedmüller von Nädasdy-Husaren in einem Gasthof der Wieden endete mit der tödlichen Verwundung des Rittmeisters. Jakob Kray ward flüchtig, trat in Prag bei Saint Amour-Dragoner ein, focht gegen Franzosen und Türken unter dem Prinzen Eugen und suchte durch beispiellose Bravour die Blutschuld zu tilgen, die auf ihm lastete. Jahre verstrichen, von einem. Kronland zum andern zog Jakob Hänisch — so nannte er sich — mit seinem Regiment, in welchem er es zum Wachtmeister gebracht hatte. Als er aber 1727 mit seiner Schwadron nach Leutschau kam, war die Sehnsucht nach Mutter und Anverwandten, der Zug nach der geliebten Heimat stärker als alle Vorsicht. Er eröffnete sein Herz dem Kommandanten des Regiments, welcher den braven Reiter zu sehr schätzte, um nicht die alte Schuld von ihm zu nehmen. Jakob Hänisch erhielt die Berechtigung, wieder seinen wahren Namen führen zu dürfen und wurde überdies zum Fähnrich ernannt. Er quittierte bald darauf den Dienst, ließ sich in Käsmark nieder und gelangte in seiner Vaterstadt zu hohem Ansehen1). Als Deputierter *) *) Die Familientradition, die in mehreren Biographien des Feldzeugmeisters Aufnahme gefunden und Moritz Jókai den Stoff zu dem Roman „Az apja fia” (Budapest, Athenäum 1889) gegeben, schildert ein ungedrucktes Manuskript des Kray sehen Archivs. Nach diesem war Jakob Kray (Stammtafel 2) einer von den fünf Unglücklichen, die nach der Einnahme Käsmarks als vermeintliche Anhänger Rákoczys enthauptet wurden. „Er starb, aber die Überzeugung von dessen Unschuld, dessen unbescholtenem Bürgersinn und der Ungerechtigkeit, mit der an ihm die Todesstrafe vollzogen worden, erschütterten das edle Herz des Sohnes. Er kniete an dem Grabeshügel seines unglücklichen Vaters und sein Gefühl der kindlichen Liebe und Dankbarkeit, das sich so hart getroffen fand, ließ ihn den feierlichen Schwur ablegen, den schmählichen Tod seines Vaters zu rächen. Um seinem Ziele näher zu rücken, faßte Jakob Kray (Stammtafel 4) den Entschluß, nach Wien zu reisen und dort das dichte Gewölk der Verleumdung zu zerstäuben, die Redlichkeit seiner patriotischen Absichten zu rechtfertigen und auf diese Art den schwarzen Fleck auf dem