Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Dritte Folge, 1906)
Hauptmann Just: Das Herzogtum Warschau von seinen Anfängen bis zum Kampf mit Österreich 1809
Das Herzogtum Warschau. 41 ward von der deutschen Gesellschaft wegen seiner persönlichen Liebenswürdigkeit hoch geschätzt. Sein Haus war der Mittelpunkt der Ausländer, wenn auch die Jugend der polnischen Hocharistokratie immer beste Aufnahme fand. Die Konversation wurde nur französisch geführt, was ihm freilich von den polnischen Patrioten sehr verübelt wurde. Als Poniatowski während der Anwesenheit des Königs Friedrich Wilhelm HL und seiner Gemahlin in Warschau bei Hofe erschien und selbst glänzende Festlichkeiten veranstaltete, wurden die Angriffe gegen ihn immer heftiger1). Seine Haltung vermochten sie jedoch nicht zu ändern, denn als Pole fühlte sich der Fürst, mit seiner Heimat verwachsen, auch wenn er im gesellschaftlichen Leben sich nicht der Landessprache bediente. Als des Krieges eherner Schritt erdröhnte, da zeigte der viel Gelästerte, daß sein patriotischer Sinn nicht erloschen, daß er zur Stelle sei, wenn das Vaterland seiner Dienste bedurfte. Die Vorhut Murats hatte sich Warschau genähert, unter Vernichtung der Schiffbrücke waren die russischen Truppen nach Praga abgezogen. Da erwartete Fürst Poniatowski mit einer städtischen Abordnung am 28. November die Franzosen vor den Toren der Stadt, deren Schlüssel er feierlich übergab. Er kehrte hierauf in sein Palais zurück, zog polnische Generalsuniform an und erschien nunmehr vor Murat als Repräsentant der wiedererstehenden polnischen Armee, welche die französischen Waffenbrüder begrüße. Der Empfang Murats wurde im 36. Armeebulletin mit glänzenden Farben geschildert* 2). Der Enthusiasmus der Polen sei unbeschreiblich. Der Adel verlasse seine Schlösser, biete seinen Reichtum, seine Kinder, seinen Einfluß an und bitte laut um Wiederherstellung des Staates. Die Vaterlandshebe der Polen sei gestählt durch das Unglück, ihr sehnlichster Wunsch — wieder eine Nation zu werden. Die gebildeten Stände sprächen französisch, die Landbevölkerung hebe Frankreich. Bald würden 60.000 Polen unter Waffen stehen. *) Kozmian führt einen Spottvers aus jener Zeit an: „Jeszcze polák po polsku i pisze i czyta — Bo nie cala Warszawa jest blaclui pokryta.” (Noch schreibt und liest der Pole polnisch, denn noch ist nicht ganz Warschau mit Blech gedeckt.) 2) C. d. N. I., Tom. XIV, 2, Nr. 11.332; 10, Nr. 11.349 ; 2, Nr. 11.333.