Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)

Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - I. Das Feld-Artillerie-Corps (Haupt-Corps) 1618-1772 - A. Organisation und Entwicklung

Mit 1568 trat eine gewisse Regulierung der Artillerie in allen kaiser­lichen Ländern ein, nach welcher die kleinen Feld-Geschütze ganz der Infanterie zugewiesen wurden; aber erst nach Beginn des dreissigjährigen Krieges war diese Verordnung durchgeführt. Diese Geschütze hatten ein Caliber von 1 bis 3 Pfund. Die Bedienungs-Mannschaft derselben waren die Schlangen­schützen. Der Artillerie-Stab wurde vom Kaiser gewählt, seine Zusammensetzung war an keine Norm gebunden, daher die Anzahl der Personen und Functionäre jeweilig verschieden war1). Im Jahre 1611 wurde zum Beispiel der Zeug­wart vonKomorn Hans Ebensam zum Feldzeug-Lieutenant bis zur Aufrichtung eines völligen Artillerie-Stabes und Aufstellung eines Feldzeugmeisters ernannt. Als seine Functionäre wurden bestimmt: Artillerie-Hauptleute, Feld­zeug-Geschirrmeister, Zeugwarte, Zeugdiener, Zeugschreiber, daneben Feuer­werker, Büchsenmeister, Werkleute, die im Solde gehalten oder neu geworben waren. Diese Verhältnisse der Feld-Artillerie erfuhren im dreissigjährigen Kriege eine wesentliche Veränderung. Die Dreitheilung in 1. den Stab, 2. die Geschütze sammt Bedienung, 3. die Minierer, Brücken- und Schanz­bauer wurde beibehalten. Der Name Feld-Artillerie für die ins Feld gestellten Geschütze und das Personale' derselben umfasste allgemein und begrifflich die Scheidung von der Artillerie der Zeughäuser. Das stets Veränderliche blieb wie bisher, die Stärke der aufgestellten Artillerie und die Art ihrer Zusammensetzung. Beide Factoren wurden von der Grösse des jeweiligen Heeres beeinflusst. Da die Artil­lerie für jeden Feldzug neu aufgestellt wurde, so erscheint dieselbe gewisser- massen stets in neuer Organisation. Dadurch wird es für die Zeit bis 1756 nöthig, Jahr für Jahr die Verhältnisse derselben zu beleuchten, um ein Bild ihres jeweiligen Bestandes zu gewinnen. 1618. Der Aufstand in Böhmen zu Beginn des dreissigjährigen Krieges erforderte die übliche Zusammenstellung einer Feld-Artillerie. Dieselbe war begreiflicherweise nicht bedeutend und umfasste nur eine geringe Anzahl von Geschützen. Zum Commandanten wurde Obrist Hans Philipp Fuchs „als Feld­zeugmeister in Böhmen” für di^ ganze Kriegs-Expedition ernannt2). Er war immediate dem Feldobristen untergeben. Fuchs mag wohl artilleristisches Wissen besessen haben, war aber nicht Artillerist vom Fache, was nach den Anschauungen der damaligen Zeit auch nicht nöthig war. Seine Thätigkeit hatte sich übrigens auch nicht auf rein artilleristische Dinge zu erstrecken. Die Obsorge für die Vollzähligkeit der Geschütze, deren richtige Rückstellung zu Ende des Feldzuges, die Ueberwachung der Artillerie-Personen, die Aufsicht über die Vollzähligkeit der Pferde, Wagen und Fuhrleute, dann über die spar­same Gebarung mit dem Pulver, waren die Pflichten, welche ihm in seiner Bestallung vorgeschrieben wurden3). Als Adlatus und fachmännischer Beirath wurde ihm der Wiener Zeugwart Hans Ebensam mit dem Titel eines Oberst- Feldzeug-Lieutenants zugewiesen. Die Aufstellung dieser Feld-Artillerie, so unbedeutend sie war, begegnete zahlreichen Schwierigkeiten. Der damalige Obrist-Land- und Haus-Zeugmeister Puchheimb hatte die Bedürfnisse für den Feldzug zu bestimmen und ebenso den Artillerie-Stab, sowie dessen Besoldung festzusetzen. Man war in Verlegenheit, woher man das Artillerie-Personale nehmen sollte; es fehlte an Pulver, Schanz­zeug, Wagen und besonders an Pferden. Feldzeugmeister Fuchs musste den Kaiser bitten, wenn er überhaupt den Krieg länger führen wolle, mehr Artil­lerie-Personen und Pferde zu bewilligen. Die Geschütze für diesen Feldzug wurden aus dem Wiener Zeughaus beigestellt, Kugmn theils ebendaher, theils aus den ungarischen Festungen, zumal aus Komorn bezogen, ein Theil des Pulvers wurde im Reiche angekauft, die »öthigen Büchsenmeister aus den ungarischen Grenzen, besonders der Berg­städter- und Raaber-Grenze entnommen, das Schanzzeug grossentheils <) Die Bezeichnung derselben Functionäre war übrigens in verschiedenen Zeiten verschieden.-) Ursprünglich war Mo 11 art zum Chef der Artillerie ernannt worden, Fuchs- aber als sein „Carigo tenente”. s) K. A., Bestallungen 1618, 1004.

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