Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)

Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - Einleitung

7 Gustav Adolph erst, der große Meister des Krieges, verstand es, auch die Artillerie zu nützen. Die leichten, schnell beweglichen Geschütze, die er den Regimentern gab, die ihnen im wechselnden Terrain des Schlachtfeldes folgen konnten, verhalfen seinen Truppen zum Siege. Durch diese Erfolge angeeifert, erzeugte man nun auch im Arsenale zu Wien leichte Regiments-Geschütze für die Armee. Die Idee und das Wesen der Regiments-Geschütze wurde zum Factor in der artilleristischen Kraft des Heeres, und blieb es bis 1809. Dabei aber war auch die Erkenntnis der Noth- wendigkeit durchgedrungen, die Truppe schon deshalb nicht mit zu schweren Calibem zu belasten, um die Bewegungsfreiheit und die Schnelligkeit des Marsches nicht zu hemmen. Hiemit ist die grundsätzliche Gliederung der Artillerie in eine eigentliche Feld-Artillerie und in eine Belagerungs-Artillerie angebahnt. Erstere marschierte mit der Armee, letztere wurde zwar von Haus aus bestimmt, aber anfangs nur im Bedarfsfälle herangezogen. Waren unvorhergesehene Be­lagerungen nöthig, so wurde sie wohl auch von den nächsten Städten requiriert. Waldstein, der grosse Organisator, der den Erfolg in der Vorbereitung des Krieges suchte und auch fand, hatte schon darauf gedrungen, dass für jede aufgestellte Artillerie zur Ergänzung und zum Nachschübe eine eigene Reserve- Artillerie aufgestellt werde1). Der Zweckmässigkeit dieser Bestimmung konnten sich auch die folgenden Zeiten nicht verschliessen, wenn auch erst unter Liechtenstein 1757 der Gedanke eine organisatorische Gestaltung gewTann. indem dem Heere eine eigene Reserve von Material und Munition folgte und^ damit die Idee der Reserve-Anstalten begründet war s). Mit der Eintheilung der Geschütze und Munition nach Zweck und Verwendung gieng auch jene des Personales Hand in Hand. Was an Personen zur Artillerie gehörte, bildete noch zu Beginn des dreissigjährigen Krieges eine Gruppe — das Artillerie-Personal. Die Schei­dung in Geschützbedienung, Bespannung, Pulver- und Munitionswesen, dann Pionnier- und Geniewesen lag nahe, sie wurde aber wohl erst durch die stetige Vermehrung der Artillerie vollzogen und unter Montecuccoli organisa­torisch fixiert. Dieser gliederte seine Artillerie in den Feld-Artillerie-Stab, die Feld-Artillerie-Truppe, das Feld-Zeugamt, die Brücken- und Schanzbauer und die Ross-Partei. Diese Gliederung blieb, von unwesentlichen Aenderungen abgesehen, bis Liechtenstein aufrecht. Zu bemerken wäre nur, dass als Gesammtname der Artillerie nun die Bezeichnung Feld-Artillerie-Corps angewendet wurde. Was Liechtenstein vorfand, war also nichts als eine im Laufe der Zeiten etwas geläuterte Auffassung und Gliederung der Artillerie des dreissig- j ährigen Krieges. Das Feld-Artillerie-Corps bestand wohl, der Thätigkeit und Verwendung nach geschieden, aus mehreren Theilen, aber diese Theile waren nicht organisch gegliedert. Die Idee der Zutheilung eines Theiles der Geschütze zu den Regi­mentern als Linien-Geschütz, eines anderen Theiles zur Disposition des Armee- Commandanten als Reserve, war aber bereits durchgedrungen und Norm geworden. Doch diese Eintheilung war ziemlich planlos ; die leichtesten Ge­schütze (die Dreipfünder) wurden den Bataillonen zugewiesen, das übrige Geschütz kam zur Reserve, wenn auch oft Terrain und Wirkung grössere Caliber für die Bataillone nothwendig erscheinen Hessen. Die Artillerie hatte keine Reserve zur Ergänzung. Letztere musste aus dem Inlande nachgeführt werden und dadurch stand der Feldherr häufig vor der Wahl, die Bewegung der Armee zu verzögern oder sich der Gefahr eines Mangels an Munition auszusetzen. Die Geschütze wurden nach althergebrachter Weise erzeugt, zunft- und schablonenhaft. Kein Artillerist wagte an der überheferten Sitte, Gewohnheit und Eintheilung zu rütteln und so war es wohl ein Glück, dass es gerade einem Nicht-Artilleristen, wie Liechtenstein, gegönnt war, in die Ver­hältnisse dieser Waffe ordnend und klärend einzugreifen. D Diese konnte auch im Lande Zurückbleiben. *) Die erste Reserve diente nicht bloss zur Ergänzung, sondern vereinigte in sich auch alle Geschütze undMunition, die bei der Linie, d. i. den Regimentern, nicht gebraucht wurden. Sie stand zur Disposition des Feldherrn.

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