Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)

Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - Einleitung

8 Vor allem gliederte er das Corps militärisch. Er schied die eigentliche Artillerie-Truppe in Compagnien, die er zu einer höheren Ordnung, den Bri­gaden, vereinigte, dem Feld-Zeugamte gab er eine rein militärische Organi­sation, ebenso der Mineur-Compagnie und der Eoss-Partei. Die Zutheilung der Caliber zu den Begimentern regelte er nach den Erfordernissen des Kampfes, dem Orte des Krieges und der Art des Feindes, jener zur Eeserve vom Gesichtspunkte rascher Unterstützung der vorderen Linie und dem Bedürfnis erhöhter Wirkung gegen wichtige Punkte. Die Bildung von Batterien bei der Eeserve wurde zur Eegel, bei jenen der Linien- Geschütze zur Möglichkeit. Vier Geschütze bildeten dann das Maximum einer Batterie bei der Linie. Zur Ergänzung stellte er eine Eeserve auf1), die, aus beladenen Muni­tionswagen bestehend, hinter der Armee marschierte, also nicht ins Gefecht kam. Der Erzeugung der Geschütze wendete Liechtenstein seine volle Thätigkeit und — eine ungeheure Summe seines Vermögens zu. Wer immer die Wirkungsfähigkeit der Geschütze erhöhen zu können glaubte, war vor ihm zu sprechen berechtigt und eine lange Eeihe von fortgesetzten Experi­menten mit allen Geschütz-Modellen befähigte den Fürsten, jene Stücke und Caliber zu bestimmen, jene Pulverladungen zu ermitteln, welche die beste Wirkung, den grössten Erfolg sicherten, befähigten ihn aber auch, das Eigen­gewicht der Geschütze derart zu verringern, dass sie an Beweglichkeit und Verwendbarkeit jene der früheren Zeit weit überragten. Was Liechtenstein für die Artillerie geleistet, mit welcher Raschheit und Energie er diese aus der Zunft zur Waffe emporgehoben. wie er es ver­standen, sie durch ihre Schulung dem Feinde 'furchtbar zu maciién, da spricht am deutlichsten Friedrich II. von Preussen selbst, der mit Be­wunderung über diese Artillerie "Schrieb, dass" nur Preussen ihr den Vorrang streitig machen könne und weiter: ..Erröthen wir nicht, naelizualnneii, wu~ wir in der Methode unserer Feinde Gutes finden.111, 3n~ der Formation und Eintheüúng der Haus-Artillerie änderte Liechten­stein nichts. Diese Aufgabe erfüllte erst 1772 sein Nachfolger Fürst Kinsky. Durch ihn wurde die Haus-Artillerie in ihrem bisherigen Bestände auf­gehoben und eine Eintheilung derselben nach UDistricten durchgeführt. Jeder District umfasste eine Eeihe von Zeughäusern, wodurch einerseits die Ueber- sicht, andererseits die Concentrierung und Einheitlichkeit der Thätigkeit ge­fördert wurde. Die Gliederung, welche Liechtenstein für das Feld-Artillerie-Corps geschaffen, war allerdings eine militärische, aber in keiner Weise jener der anderen Truppen angepasst. Die organisatorische Gliederung der Armee kannte Begimenter mit ihren Stäben, Bataillonen und Compagnien oder wie sie nun bei der Cavallerie Messen, Escadronen ; die Brigaden Liechtensteins mit ihren Compagnien erschienen da als Fremdkörper und bezeugten mit der Angliederung des Zeug­amtes, der Mineur-Compagnie und Eoss-Partei die Stellung der Artillerie als Staat im Staate. Und wie einerseits diese Angliederung die Artillerie un- nöthig belastete, hemmte sie auch die so nöthige freie Entwicklung der Theile. Ausserdem hatten die Ländererwerbungen neben dem Feld-Artillerie- Corps noch in Italien und den Niederlanden gewissermassen Neben-Artillerie- Corps geschaffen. Kinsky brach mit diesem unnatürlichen Gebilde. Die gesammte Artillerie-Truppe gliederte er in drei Begimenter, schied die Mineur-Abtheilung (nun Mineur-Brigade), dann die Eoss-Partei aus dem Verbände der Artillerie aus und machte das Feld-Zeugamt selbständig. Es war ein glücklicher Griff, den Kinsky damit vollführte, die Er­fahrung der kommenden Zeiten steht an seiner Seite und nur die Ausscheidung der Eoss-Partei wurde später mit vollem Eechte theilweise rückgängig gemacht, denn eine Artillerie ohne eigene Bespannung ist kein lebensfähiges Gebilde. Die sogenannte zweite Reserve, da die erste von den Geschützen und der Munition etc. gebildet ward, die dem Feldherrn zur Disposition standen und ausserdem nur die nothwendigen Artilleriebedürfnisse für die Armee mit sich führte, zur Ergänzung der Munition etc. für die Geschütze der Armee.

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