Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 5. (1903)

Die Landes-Vertheidigung - Die Aufgebote in den Erblanden bis 1809 - II. Die Aufgebote in den einzelnen Provinzen

28 Nach einem späteren Patente vom Jahre 1469 ‘) wurde das Aufgebot unter eigenen nominativ benannten „Rottenmeistern” nach Pfarren gesammelt; erstere unterstanden wieder den Viertelmeistern und -Hauptleuten 2). In den späteren Jahren unterstützte das steyermärkische Aufgebot wieder­holt den Kaiser in seinen Kämpfen wider Herzog Albrecht VI. von Oesterreich. Durch Kaiser Maximilian I. wurde das Aufgebotswesen in diesen Ländern nach den für die österreichischen Erblande im allgemeinen gütigen Principien geregelt und gefestigt. Durch die sich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts öfter wiederholenden Einfälle der Türken in die südlichen Grenz-Gebiete Ungarns und Croatiens, wobei deren Horden auch plündernd und verwüstend die inneröster­reichischen Lande durchzogen3), entwickelte sich unter den Nachfolgern Maximilian’s von der Mitte des 16. Jahrhunderts an ein gleichfalls auf wechselseitiger Unterstützung basierender inniger Zusammenhang zwischen den Landes-Vertheidigung-Institutionen von Inner-Oesterreich und jenen von Croatien, wo als dauerndes Schutzmittel nach und nach die „Grenz-Institution” in Wirksamkeit trat. Da Krain und Croatien durch diese wiederholten Ein­fälle ganz erschöpft waren, Kämthen seiner Lage nach weniger bedroht war, so trug anfänglich Steyermark die Hauptlast der Vertheidigung dieser Gebiete. So bewilligten schon 1522 die steyermärkischen Stände einen Beitrag von 43.000 Gulden, wovon für Croatiens Vertheidigung 400 Beiter und 400 Knechte über den Sommer permanent zu erhalten und ferner 1000 Mann in Fürsten­feld als Reserve aufzustellen waren. Gleichzeitig wurde das Aufgebot für Inner-Oesterreich in der Weise geregelt, dass jeder Grundherr von je 100 Pfund Einkommen einen gerüsteten Reiter und nach Umständen ein bis drei Fussknechte zu stellen hatte ; auch für die Städte und Märkte wurde das Contingent bestimmt, das Landvolk sollte aber von je 30 Mann einen, bei grösser Gefahr drei bis sechs Knechte in das Feld schicken4). Im Falle äusserster Noth hatten alle Waffenfähigen, die Priester nicht ausgenommen, in das Feld zu ziehen. In Krain, theilweise auch in Kärnthen, hatte das Landvolk früher schon Thürme mit festen Mauern, sogenannte „Täber” gebaut, welche als Zufluchts­orte bei plötzlichen Ueberfällen dienen sollten. Dieselben mussten auf schwei- zugänglichen Punkten angelegt werden. Durch auf allen Bergen von der Kulpa bis Laibach abzugebende Feuerzeichen musste überdies die Gefahr eines drohenden Einbruches dem Landvolke signalisiert werden. In Steyermark bediente man sich zur Erhöhung der Vertheidigungs- fähigkeit der sogenannten „Kirchen-Castelle”, deren Mittelpunkt eine auf einem Hügel oder Vorsprung erbaute Kirche bildete, welche von Gräben, mit Schiess- löchem versehenen Ringmauern, Thürmen u. s. w. umgeben war. Diese Objecte dienten entweder als integrierender Bestandtheil der gesammten Befestigung einer Ortschaft oder als letzte Position, in welche sich die Besatzung zurückzog, nachdem die Ortschaft, oberhalb welcher die Kirche gewöhnlich stand, vom Feinde genommen war. Mitunter dienten diese Kirchen, wie die Täber, auch als Zufluchtsorte 5). Im allgemeinen wurden in den von der Invasion bedrohten Ländern grössere fortificatorische Anlagen errichtet, welche dem Landsturm als Stütz­punkte dienen sollten6). x) Acten des Ministeriums des Innern. 2) Nach diesem eigentlich nur für Ober-Steyermark gütigen Patente waren solche Viertels-Hauptleute in dem oberen Mur-Thale, zu Judenburg, im Kammer-, Enns- und Mürz-Thale, dann im Gissenfeld und am Breiteck. 3) In dem Zeiträume von 1463- 1499 hatten nicht weniger als 13 solcher Ver- lieerungszlige stattgelünden. Gebier, ,,Geschichte von Steyermark”. 4) Nach der Zuzugs-Ordnung vom Jahre 1582 sollte jeder fünfte waffenfähige Mann zuzugspflichtig sein. 5) Solche Kirchen haben sich noch bis in die neuere Zeit gut erhalten, so bei Feld­bach, Fehring, Eisenerz und anderen Orten. (Gebier, ,,Geschichte von Steyermark”.) 6j In Steyermark haben sich auch noch die Ueberreste einiger solcher Befestigungen erhalten, so die sogenannte ,,Türkenmauer” bei Maria-Rast oberhalb Marburg, dann die Stein­schanze zwischen Judenburg und Unzmarkt. (Nosinich, in ,,Streffleur”, 1864, II., Seitelll.)

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