Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 5. (1903)
Die Landes-Vertheidigung - Die Aufgebote in den Erblanden bis 1809 - II. Die Aufgebote in den einzelnen Provinzen
•29 Nachdem Erzherzog Carl von der steyermärkischen Linie vom Kaiser 1575 zum „General der windischen und croatischen Grenze” ernannt worden war, wurde durch denselben auf dem Landtage zu Bruck a. d. Mur (Brücker Libell) im Jahre 1578 das wechselseitige Verhältnis der innerösterreichischen Provinzen zu den neu geschaffenen „Militär-Grenzgebieten” in Bezug auf die Verth ei digung derselben neu geregelt. Dem gleichzeitig zur Leitung der militärischen Angelegenheiten ins Leben gerufenen „innerösterreichischen Hofkriegsrathe” wurden sohin die windische oder Warasdiner und croatische Grenze, zu welcher auch die sogenannte Meer-Grenze, dann die Grafschaften Licca und Corbavia, endlich Zengg, Carlopago und Buccari gehörten, unbeschadet dessen, dass diese Gebiete in staatsrechtlicher Beziehung Theile der Länder der Stephanskrone blieben, unterstellt. Auf dem genannten Landtage zu Bruck a. d. Mur war festgesetzt worden, dass Steyermark allein die Kosten für die Erhaltung der windischen Grenze, die übrigen innerösterreichischen Provinzen zusammen aber jene für die croatische Grenze zu übernehmen hatten ‘). Naturgemäss verringerte sich für die Zukunft für die inneröster- reichischen Provinzen jetzt die Verpflichtung oder die Nothwendigkeit, activ mit ihren eigenen Kräften an der Vertheidigung theilzunehmen, da dieselben ja nunmehr nicht mehr directe bedroht wurden, und die Abwehr der Türken- Gefahr den Bewohnern der Grenz-Districte oblag. Trotzdem wurden noch in Steyermark durch einige Zeit eine Anzahl von Eussvolk und Beitern ständig unterhalten2), von welchen jedoch nur ein kleiner Theil (circa 500 Mann) mit dreimonatlicher Ablösung im Wachdienste an der Grenze verwendet wurde. Mit der fortschreitenden Consolidierung des erwähnten Militär-Grenz- Institutes im 17. Jahrhundert geriethen jedoch die Anstalten zur directen Landes-Vertheidigung in den innerösterreichischen Provinzen immer mehr in Verfall und beschränkten sich nur mehr auf die materielle Beitragsleistung zur Erhaltung der ersteren. Anlässlich des Krieges gegen die Tüi-ken kam 1683 das Aufgebot von Inner-Oesterreich zum Schutze der Streifztige der feindlichen Horden theilweise wieder zur Aufstellung und wurden auch hier an den einzelnen Punkten Verschanzungen angelegt, Zufluchtsorte für die Wehrlosen bestimmt und die Grenzorte besetzt. Von Krain spéci eil wurden 900 Schützen unter Valvasor zum Schutze der steyermärkischen Grenze abgesendet und trieb dieses Aufgebot im Vereine mit dem steyerischen die in das Feistritz-Thal eingefallenen Türken zurück. Als im Jahre 1703, einerseits wegen des Einfalles der Bayern in Tyrol, andererseits infolge Bedrohung der Grenzen durch die ungarischen Kebellen, das Landes-Aufgebot einberufen werden sollte, entschlossen sich die Stände von Steyermark, da sie in die Kriegstüchtigkeit desselben wenig Vertrauen setzten3), ein eigenes Land-Begiment aufzustellen *), worüber sie mit dem Obristen Grafen Babatta eine Capitulation abschlossen6). Dieses Begiment sollte aus sechs Compagnien, deren Hauptleute vom Landes-Hauptmann ernannt wurden6), bestehen und in erster Linie zur Besetzung der eigenen Diese Kosten waren für jede Grenze mit circa 250.000 Gulden jährlich berechnet. 2> Die gesammte waffenfähige Mannschaft wurde gemustert und der dreissigste Mann ausgehoben. 3; ,,Es zeigte sich, dass die aufgebotene Bauernschaft keinen Stand zu halten gedächte.” (K. A., F. A. 1703, IX.) 4) In Kärnthen und Krain war nur mit Circulare der innerösterreichischen Geheimen Stelle vom 11. April 1703 die Bereithaltung jeden zehnten Mannes zu Fuss zum eventuellen Schutze der Grenze angeordnet worden. Ebenso sollten sich in Krain die mit Wartgeld befindlichen Officiere mit ihren berittenen Knechten zum Ausmarsche bereit halten. (K. A. F. A., Römisches Reich 1703, 1Y, 25 und Vll, 15.) 5) Erlass des Landes-Hauptmannes zu Graz vom 9. August 1703. B) Die Ernennung der übrigen Chargen war dem Obristen überlassen, der hiebei vorzugsweise auf Landeskinder Bedacht nehmen sollte.