Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 5. (1903)
Die Landes-Vertheidigung - Die Aufgebote in den Erblanden bis 1809 - II. Die Aufgebote in den einzelnen Provinzen
20 Die ungünstige Lage auf dem Kriegs-Schauplatze in Deutschland erforderte es, auch im Jahre 1800 Vorbereitungen für eine eventuelle engere Landes-Vertheidigung zu treffen, doch wurde speciell in Nieder-Oesterreich kein allgemeines Aufgebot einberufen, sondern nur die Errichtung von Freiwilligen- Abtheilungen, die nach dem Muster der Tyroler Scharfschützen zusammengesetzt werden sollten, angeordnet. Zur Versehung des Garnisonsdienstes in "Wien sollte eventuellenfalls die „Bürger - Miliz”, deren Stärke mit 1600 Mann ausgewiesen erscheint, herangezogen werden; zur Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit war schliesslich die Bildung eines Freiwilligen-Corps aus Hauseigenthümern, angesehenen Bürgern u. s. vr. in Aussicht genommen. Abgesehen von diesen Freiwilligen-Abtheilungen sollten nur die im Viertel Ober dem Manhartsberg ansässigen oder den dortigen montanistischen Behörden unterstehenden Bergleute und Holzknechte im Bedarfsfälle zur Landes-Vertheidigung herangezogen werden und wurde schliesslich nur für die Stadt "Wien am 28. December das allgemeine Aufgebot einberufen. Keine dieser Formationen gelangte jedoch infolge des kurze Zeit darauf abgeschlossenen Friedens zur activen Verwendung, ebensowenig wie das mit Patent vom 28. October 1805 einberufene Aufgebot für Nieder-Oesterreich 1). In "Wien speciell versah im Jahre 1809 die Bürger-Miliz in aufopfernder "Weise durch vier Monate den Gamisonsdienst2). 2. Oesterreich ob der Enns. Hier bildete gleichfalls die von Herzog Albrecht V. zur Heerfahrt wider die Hussiten für die beiden vereinigten Herzogthümer erlassene Aufgebots- Ordnung die Grundlage für die Einrichtung aller späteren derartigen Institutionen. Nachdem schon 1529 anlässlich der dem Lande durch die Türken (Zug Soliman’s gegen "Wien) drohenden Gefahr das Aufgebot jedes fünften und zehnten Mannes erfolgt war, welches, durch den persönlichen Zuzug des Adels verstärkt, unter Leitung des Hans von Starhemberg durch seine feste Haltung an der Enns-Linie, die Osmanen vom weiteren Vordringen abhielt, wurde 1530 auf dem Landtage zu Linz eine neue „Defensions-Ordnung” festgesetzt 3i. Nach dieser musste von allen Herrschaften jeder zehnte Íeventuell fünfte) Mann zum Aufgebot gestellt werden; für den Unterhalt der Ausmarschierten, welcher 4 Schilling in der Woche nicht übersteigen sollte, hatten die Zurückgebliebenen zu sorgen. Die Stände erwählten einen Land-Obristen (Ober-Feldhauptmann) und vier Viertel-Hauptleute. Die Viertel-Hauptleute hatten Sammelplätze zu bestimmen, auf welche die Aufgebotenen, über welche von den Herrschaften dem Land-Obristen die Musterrollen einzuschicken waren, sich eiligst zu begeben hatten, sobald durch Kanonenschüsse, die Sturmglocke oder durch Feuer auf den Bergen das Signal dazu gegeben wurde. Wenn bei grösserer feindlicher Macht mit dem Aufgebot des zehnten (fünften) Mannes das Auslangen nicht gefunden werden sollte, mussten alle Waffenfähigen bei den Viertel-Hauptleuten erscheinen. Zur weiteren Sicherung waren an geeigneten Punkten, insbesondere an der Enns und Donau, Schanzen und Verhaue anzulegen. Einige namentlich benannte Orte sollten eine permanente Besatzung mit städtischen Truppen erhalten. !) Bezüglich des 1805 aufgebotenen Freiwilligen-Bataillons siehe II. Band, Seite 520. 2; Diese Miliz bestand nach dem Regulativ vom Jahre 1806 aus : 1. Dem Bürger- Regiment mit 8 Füsilier- und 2 Grenadier-Compagnien; 2. dem zweiten Regiment der Stadt-Miliz mit dem gleichen Stande ; 8. dem bürgerlichen Artillerie-Bombardier-Corps ; 4. einer Bürger-Grenadier-Division (grau uniformiert); 5. dem priv. bürgerlichen Schützen- Corps 8 Compjgnien) ; demselben waren die grau uniformierten Schützen (2 Compagnien.) zugetheilt; 6. dem Cavallerie-Corps (2 Escadronen); endlich 7. dem Corps der Akademie der bildenden Künste (4 Compagnien). s) Kurz, „Geschichte der Landwehr in ob der Enns”. I. Band, Seite 92.