Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 2. (Dritte Folge, 1903)

Hauptmann Criste: Die österreichische Truppen-Aufstellun gegen Preussen und Polen, 1790

24 Criste. Minister, Graf Finkenstein, gelegentlich der Verstärkung der österreichischen Truppen sagte, „jeder andere Souverän würde im Falle der Kränkung seiner Rechte das Nämliche •thun und müsste von jedermann gebilligt werden: jeder Monarch würde gegen seine Würde handeln, wenn er sich anders benähme1).” Auch Fürst Kaunitz besorgte anfangs von einer Einwirkung Preussens auf die niederländischen Unruhen nicht viel. „So lieb dem preussischen Hof die in den Niederlanden ausgebrochene Gährung sein mag,” so schrieb er am 10. Juh 1787 an iteuss, „und so wenig abgeneigt er sein dürfte, zur Unterhaltung derselben mittelbar und im Stillen beizutragen, so ist doch dieser Gegenstand von solcher Beschaffenheit, dass auch in dem äussersten Fall der Scandal einer offenbaren Theihrehmung an einer Sache nicht zu besorgen sein kann, welche die Sicherheit und Würde aller souveränen Mächte un­mittelbar angeht* 2).” Weit mehr beunruhigt als Fürst Kaunitz war sein Souverän. Die Sendung des Oberstlieutenants von Götze schien Kaiser Joseph H. Zeugnis zu geben von einer bedenk­lichen Annäherung Preussens an die Pforte; von Frankreich war wenig Unterstützung zu erwarten3) und die Schwäche der russischen Hilfsmittel trat im Verlaufe des Feldzuges immer deutlicher zutage. Mit gutem Grunde schrak er deshalb vor einem gleichzeitigen Kriege gegen die Türkei und Preussen zurück, da er selbst die einfache Vertheidigung der öster­reichischen Grenzen gegen die Türken, sowie Böhmens, Mährens und Galiziens gegen Preussen für unmöglich hielt. Er sah daher zur Durchkreuzung der Pläne des gefährlichen Nachbar­staates kein anderes Mittel, als den Frieden mit der Pforte. Mit nachdrücklicher Betonung der wiederholten Beweise seiner treuen Bundesgenossenschaft, erklärte er der Czarin selbst, dass es ihm ganz unmöglich sei, gegen Preussen und die Pforte gleichzeitig Krieg zu führen, ohne die Existenz seiner Staaten auf das Spiel zu setzen4). *) Reuss an Kaunitz, 18. Juli 1787. (H. H. u. St. A.) 2) H. H. u. St. A. 3) Joseph an Graf Mercy, 4. August 1788. 4) Joseph an Kaunitz, 26. August, 15. September, 17. No­vember 1788.

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