Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 2. (Dritte Folge, 1903)
Hauptmann Criste: Die österreichische Truppen-Aufstellun gegen Preussen und Polen, 1790
8 Criste. könne; diese Leidenschaft allein, die es Hertzberg unter dem vorigen Könige glückte, zu begnügen und der Wunsch, der Welt glauben zu machen, er sei es, der alles das erwirkt hat, sind Schuld, dass er auch noch Tag und Nacht drauf denkt, wieder etwas hervorzusuchen, um unter diesem König, der in der Welt für ein schwacher, zu Unternehmungen träger Herr gehalten wird, ähnliche Dinge ins Werk und an das Tageslicht zu stellen1).” Bei den Verhandlungen mit der Pforte bewegte sich die Politik Preussens je nach den wechselnden Phasen des Krieges. Als der ungünstige Verlauf der österreichischen Operationen im Sommer 1788 die Möglichkeit, den Türken von Gebietsabtretungen zu sprechen, verhinderte, versuchte man sie zu energischer Fortsetzung des Krieges zu bewegen und durchzusetzen, Frieden nur unter der Bürgschaft Preussens zu schliessen und etwa in Ungarn gemachte Eroberungen erst dann zurückzugeben, wenn der Kaiser sich verpflichte, Galizien und was er diesseits der Karpathen besitze, an die Republik Polen abzutreten, wofür diese Danzig und Thorn, dann das Gebiet bis zur Warthe an Preussen abzugeben hätte. Für diesen Fall bot Preussen der Pforte eine unbegrenzte Defensiv- Allianz und eine Garantie der türkischen Besitzungen gegen jedermann an* 2). Als dann das Kriegsglück zugunsten der Oesterreicher und Russen sich wandte, kam man in Berlin von dem Gedanken eines engeren Bündnisses mit den Türken wieder zurück und meinte genug gethan zu haben, wenn man Schweden, Dänemark und Polen dem russischen Bündnis entfremdet und den Kaiser genöthigt habe, eine ansehnliche Armee in Böhmen und Mähren zurückzulassen; die Türkei hätte demnach entweder in den ersten Plan Preussens einzuwilligen oder gewärtig zu sein, dass es sich den Gegnern der Pforte anschliesse 3). Graf Hertzberg zweifelte nicht, dass die Türkei sich beeilen werde, die Anerbietungen Preussens freudig und rasch anzunehmen, und wenn die Sache sich verzögerte, so lag die Schuld daran *) Beüss an Cobenzl. (H. H. u. St. A.) 2) Hertzberg an Diez, 16. September 1788. 3) Hertzberg an Diez, 20. Juni 1789.