Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)
Hauptmann von Hoen: Der Strassenkampf in Paris am 28. und 29. Juli 1830
68 H o e n. durch Wegnahme des betreffenden Etablissements beim botanischen Garten (Jardin des Plantes oder du Boi) gewonnen und dem Mangel an Geschossen durch Buchdrucker-Typen etc. abgeholfen. Jene Posten, wo Linien-Soldaten standen, verhielten sich neutral und wurden vom Volke mit lebhaften Zurufen begrüsst. Auch am rechten Seine-Ufer bildete sich eine Bande Aufständischer, die um 7 Uhr früh den Gendarmerie-Posten am Platz du Chätelet entwaffnete. Sie drang über die Brücke au Change in die Insel de Cite, besetzte den Justiz-Palast und die Polizei-Präfectur, wo sich die Sapeurs-pompiers anschlossen, und zog bei gleichzeitigem Aufhissen der Tricolore die Sturmglocke der Kirche Notre Dame. Die am Vortage verfasste Protestation der Journalisten war an allen Ecken angeschlagen, einige trotz des Verbotes erschienene Zeitungen giengen von Hand zu Hand; manche Leute betheilten die Kampflustigen mit Waffen und selbst mit kaiserlichen Uniformen, die man der Garderobe des. Vaudeville-Theaters entnommen hatte. Bei dem Wirbel dér Trommeln erschienen auch die Mitglieder der aufgelösten National-Garde in ihrer Uniform, allerdings weniger, um sich dem Aufstande anzuschliessen, als um die Bewachung der öffentlichen Gebäude zu übernehmen. Ihr Angebot an Marmont, sich zum Schutze der Stadt organisieren zu dürfen, wurde von diesem schroff zurückgewiesen. Nun bildeten sich die Bataillone auf eigene Faust. Diese Anzeichen Hessen auf den Beginn grosser Ereignisse schliessen. Marmont hatte schon während der Nacht Ordonnanz-Officiere entsendet, um das 2. Garde-Infanterie- Begiment und das 2. Begiment Grenadiere zu Pferd aus Versailles und das 6. Garde-Infanterie-Begiment aus St. Denis nach Paris zu beordern. Diese Truppen wurden sofort alarmiert, die Patronen vertheilt, hierauf der Marsch angetreten. In St. Denis versammelte der Oberst die Officiere seiner zwei Bataillone und sprach mit tiefbewegter Stimme: „Meine Herren! Wir ziehen nach Paris. Erhalten Sie die Ordnung in