Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)
Hauptmann von Hoen: Der Strassenkampf in Paris am 28. und 29. Juli 1830
Der Strassenkampf in Paris am 28. und 29. Juli 1830. 67 während gleichzeitig ein Brief von Oharras, den man vor einigen Monaten wegen revolutionärer Aeusserungen aus der Schule entlassen hatte, die Zöglinge zum Anschlüsse an die Sache des Volkes aufforderte. Als die Gewehrsalven über die Seine herüberschallten, erfasste die Polytechniker eine namenlose Aufregung. Sie rotteten sich trotz Abmahnens und Drohens der Officiere zusammen und entsandten vier aus ihrer Mitte als Deputierte zu Lafitte, dem Führer der Opposition. In der Nacht drangen die Zöglinge in den Fechtsaal und schliffen die Rappiere auf den Treppenstufen. Um 10 Uhr vormittags wurde die Schule in Folge dieser Vorgänge aufgelöst. Die Mehrzahl der Zöglinge wurde zwar von den Eltern zurückgenommen, etwa 60 aber betheiligten sich am Kampfe gegen die Truppen und spielten in demselben eine hervorragende Rolle. Einer von ihnen riss die weisse Cocarde vom Hut herunter, trat sie mit Füssen und war einer der ersten, die den Ruf auszustossen wagten: „Nieder mit den Bourbons!” So war der Nachwuchs jenes Heeres beschaffen, auf welches sich Carl X, inmitten seines aufständischen Volkes zu stützen hoffte. Ereignisse am 28. Juli. Der Strassenkampf. Schon früh morgens machte sich in Paris eine stärkere Bewegung geltend. Zahllose Arbeiter, viele bewaffnet, zogen mit den Rufen: „Es lebe die Charte!”—„Es lebe der Kaiser!” gegen die Mitte der Stadt. Dazwischen tauchten Männer in den alten kaiserlichen Uniformen auf, dreifarbige Fahnen wurden unter dem Jubelgeschrei der Menge entrollt. Man zerschlug die Wappenschilder der Bourbons, vernichtete alle Inschrifteir, die an sie erinnerten und riss die weissen Fahnen herab. In abgelegenen Strassen wuchsen Barricaden aus dem Boden. Man begann, insbesondere am linken Seine-Ufer, die Wachen zu überfallen, so im Luxembourg (Invaliden), am Platz St. Michel, beim Odeon, endlich die Gendarmerie- Kaserne in der Strasse de Tournon, wo man 300 Gewehre erbeutete. Die eroberten Waffen wurden vertheilt, das Pulver 5*