Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)

Hauptmann Sommeregger: Ereignisse in den Legationen und Marken in Italien in den Jahren 1848 und 1849

Ereignisse in den Legationen und Marken in Italien. 167 Nachdruck diesem Treiben entgegen, verweigerte die Ein­segnung der Kreuzesfahnen, erklärte, dass er keinen Krieg gegen Oesterreich wolle, sondern als Oberhaupt der Kirche das Blutvergiessen ihrer Söhne vermeiden müsse, und dass er seine Truppen nur an die Grenze sende, um im Verbände mit Oesterreich seine Rechte und den Frieden zu wahren. Wenn auch diese offene Handlungsweise den Lauf der Dinge nicht mehr hemmen konnte, so gewann doch Pius IX. da­durch seine richtige Stellung wieder; er war nicht mehr Partei­führer, er war wieder das Oberhaupt der katholischen Christen­heit geworden, obwohl ihm in Rom niemand mehr gehorchte Selbstverständlich war Pius von diesem Momente an nicht mehr das Idol Italiens. Mazzini und seine Helfershelfer hatten ihn, so weit sie konnten, ausgenützt, jetzt gaben sie ihn auf; sein einst gefeierter Name verschwand von den Mauern. Die Revolution dehnte sich nun wie durch einen Zauber auf alle angrenzenden kleineren Staaten, überhaupt auf ganz Mittel-Italien aus; überall wurden mit unglaublicher Schnellig­keit National-Garden errichtet, das Volk bewaffnet, die Re­gierungen mit übertriebenen Forderungen bestürmt, das Militär angefeindet, oder mit allen Mitteln zum Uebertritt verlockt. Selbst in den ihren Regierungen nicht abgeneigten Staaten Modena und Parma, in welchen noch keine Verfassung gewährt worden war, fand die Revolution Eingang. In Modena gab sich am 19. März die Aufregung des Volkes dadurch kund, dass sich grosse Ansammlungen bildeten, dass ,,viva la lega italiana, viva Pio nono!” gerufen und die italienische Cocarde aufgesteckt wurde; Patrouillen des Regi­ments Este Nr. 32 und modenesische Dragoner zerstreuten jedoch die Menge1). Am 20. März erliess die Regierung eine Proclamation, worin dem Volke Concessionen zugesagt wurden. Um 1 Uhr Nachmittag erwirkte eine zum Herzog entsendete Deputation die Errichtung der guardia civica, worüber das ganze Volk in Jubel ausbrach und am Abend die Stadt beleuchtete. Schon am Morgen des 21. reiste die Herzogin mit ihrem Oheim, dem *) K. A., F. A. Haupt-Armee 1818, XIII, 418.

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