Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)

Hauptmann Sommeregger: Ereignisse in den Legationen und Marken in Italien in den Jahren 1848 und 1849

Ereignisse in den Legationen und Marken in Italien. 159 Administration des Kirchenstaates den Begriffen der Zeit und den Fortschritten anderer Staaten anzupassen. Zu den ersten Handlungen des neuen mildherzigen Papstes gehörte eine allgemeine unbedingte Amnestie für politische Vergehen; sie wurde am 17. Juli 1846 proclamiert und von ganz Italien mit ungeheurem Jubel aufgenommen. Sofort wandten sich die Blicke aller italienischen Patrioten nach Rom. Der Ruf „Viva Pio nono!” wurde das Losungswort aller Gleichgesinnten Italiens. Bereits hatten verschiedene Machthaber Italiens dem Auftreten des Papstes ihren Beifall gezollt, so der Grossherzog von Toscana, welcher sich rühmte, in seinem Staate die liberalste Regierung zu führen, und der König von Sardinien, dessen soldatischem Geiste der Gedanke jetzt schon schmeicheln mochte, an der Spitze eines grossen nationalen Heeres zu glänzen. Schon im September 1846 verbreiteten sich die Ge­rüchte, dass der Papst einen italienischen Staatenbund an­zubahnen willens war. Mittlerweile schürte die Presse fort und ergoss die ungerechtesten Auslassungen über die Oesterreicher. Ebenso wie der Hass gegen Oesterreich hatte das Ansehen und die Popularität des Papstes den höchsten Gipfel erreicht. Neben dem „Lebehoch!” auf den Papst erscholl der Ruf: „Tod den Deutschen !” Der Missbrauch, der mit dem Namen des Papstes getrieben wurde, ist nicht ihm selbst zuzuschreiben; er hat ihn weder vorausgesehen noch gewollt. Allein er hätte ihn nicht so lange stillschweigend hinnehmen sollen. Wenn er rechtzeitig eine energische Erklärung gegen diesen Missbrauch, wie er sie später gab, erhoben hätte, würde damit viel Unglück verhütet worden sein. In den ersten Monaten des Jahres 1847 veranlasste die herrschende Theuerung an verschiedenen Punkten Italiens tumultuarische Auftritte unter den niederen Volksclassen, deren Streben zunächst auf die Verhinderung der Getreide­ausfuhr gerichtet war. Man fand es daher für gut, diese Ereignisse nur insoweit zu benutzen, als sie den Vorwand liefern sollten, die Bildung von National-Garden (guardie civiche) als dringendes Bedürfnis denjenigen Regierungen

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