Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)

Hauptmann Sommeregger: Ereignisse in den Legationen und Marken in Italien in den Jahren 1848 und 1849

160 S o m m. e r e g g e r. vorzustellen, welche sich bereits für Reformen im allgemeinen ausgesprochen hatten. Eigenmächtige Bewaffnungen der Bürger fanden ungeachtet wiederholter Einwendungen der in ihrem Auftreten jetzt schon eine auffallende Unsicherheit ver- rathenden päpstlichen Regierung in verschiedenen Städten der Romagna statt, so namentlich in Ferrara. In dieser Stadt hatte die Bewaffnung ihre besondere Bedeutung, da sich vor­hersehen liess, dass dieselbe leicht zu Conflicten mit der österreichischen Besatzung der Citadelle führen könnte. Oester­reich musste einige feste Punkte jenseits des Po besitzen, weil es berufen war, über die Aufrechterhaltung der Ruhe Italiens zu wachen. Der römische Hof selbst hatte daraus, namentlich in den Jahren 1821 und 1830, die grössten Vor­theile gezogen. Seit dem Wiener Congress besass Oesterreich das Be­satzungsrecht in Ferrara. Die Garnison hatte dort ihre Kasernen, ihr Spital, der Commandant seine Wohnung in der Stadt; bezüglich der ökonomischen Angelegenheiten wurden zwischen den beiderseitigen Regierungen Verträge geschlossen. Schon daraus gieng hervor, dass die römische Regierung das österreichische Besatzungsrecht als eine That- sache anerkannte, wenngleich sie zur Wahrung ihrer Landes­hoheitsrechte dagegen beim Wiener Congress Verwahrung erhoben hatte. Für gewöhnlich war Ferrara mit einem Bataillon besetzt, welches alle der Besatzung einer Festung obliegenden Dienste versah, selbst die Wache im ehemaligen Palaste des Herzogs von Este, wo der Cardinal-Legat residierte, bezog. Wurde die österreichische Garnison zuweilen durch Detachierung ge­schwächt, so besetzten päpstliche Wachen neben den öster­reichischen die Stadtthore ; immer jedoch stand der Garnisons­dienst unter dem österreichischen Commandanten, an den auch die römischen Truppen in dienstlicher Beziehung ge­wiesen waren. Ferraras Einwohner zeigten seit jeher einen revolutionären Charakter; sie nahmen an allen Empörungen gegen den Heiligen Stuhl theil und in der Abneigung gegen Oesterreich wollten sie keiner Stadt Italiens nachstehen. Nach Einlangen des päpstlichen Decretes betreffend die Errichtung einer guardia civica, organisierte sich in der

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