Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 12. (Neue Folge, 1900)
Hauptmann Veltzé: Die Hauptrelation des kaiserlichen Residenten in Constantinopel Simon Reniger von Reningen 1649-1666 - II. Hauptrelation des Grafen Leslie
154 Veltz 6 waren dabei der Mufti und Hofprediger, Männer von grossem Ansehen; nach dem Essen, als wir bei zwei Stunden mit allerhand angenehmen Discursen einander unterhalten und es Zeit zu ihrem Gebet war, hat man mich in ein anderes Appartement geführt und meine Cavaliere, die in einem absonderlichen Zimmer waren, zu mir gelassen, darauf eine Collection von allerlei Obst und anderem Confect in grosser Quantität gegeben; nach Vollendung desselben sind 200 von des Veziers Knaben, in zwei Schwadronen zu Pferd gesessen und gegeneinander gerannt, welches die Türken abermals für eine grosse Ehrerbietung gehalten, weil sie dergleichen Ehrerzeigung keinem Anderen zu thun pflegen, als dem Sultan selbst, wann er zu den Vezieren kommt. Als dieses Alles geendet, habe ich den Vezier durch den Dolmetsch ersuchen lassen, ob er mir erlauben wollte, wegen Loslassung unserer christlichen Gefangenen und anderer Puncte, wie in meiner Instruction begriffen, vorzubringen; er hat geantwortet, ich hätte noch nicht ausgerastet, müsse noch eine Weile bei ihnen besser ausruhen und lustig sein, nachher auf zuletzt von Negotien reden; haben mich also in das dritte Appartement geführt, meine Cavaliere aber und andere Leute hinab, wo sie das Mittagmahl eingenommen; bald darauf kam der Gross-Vezier mit dem Mufti, Hofprediger und etlichen anderen vornehmen Türken. Es ist aber dabei zu merken, dass sie mich nie allein gelassen und dass immer der Defterdar Pascha, der Gross-Kanzler, des Vezier Kehaia, der ein so grosses Ansehen, dass nicht ein Vezier mehr hat, dessgleichen des Veziers Favorit ist, oder sonst Jemand von vornehmen Türken bei mir gewesen; der Gross-Vezier frug mich, wie mir das Kennen gefiel, mit Vermelden, es wäre solcher Spass dem Sultan vor allen Anderen angenehm und ob ich Constantinopel schon gesehen hätte; wie ich antwortete mit nein, ob ich verlange solches zu sehen ? Als ich ihm hierauf sagte, dass, indem ich nunmehr meine erste Audienz verrichtet, es ihnen gar zu ungelegen und kostbar sein würde, mich nach Constantinopel zu führen, hat er mir zur Antwort gegeben, ihren guten Freunden Ehre anzuthun, wäre ihnen nichts ungelegen und sie scheueten dabei