Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 11. (Neue Folge, 1899)
Hauptmann Oscar Criste: Beiträge zur Geschichte des Rastatter Gesandten-Mordes 1799 - Ansichten verschiedener Historiker über den Gesandten-Mord
Beiträge zur Geschichte des Rastatter Gesandten-Mordes. 413 Hat denn von den deutschen Historikern nie Jemand erwogen, wie berechtigt die Entrüstung im Volk, wie in der wissenschaftlichen "Welt aufflammen müsste, wenn etwa ein englischer oder französischer Forscher erzählen wollte, es hätten einmal eine ganze Reihe deutscher oder preussischer Generale und Oberste sich auf irgend einen Vorschlag hin unbedenklich zu einem Verbrechen bereit finden lassen und hiezu, wieder ohne allen Widerspruch, die erforderlichen Ofiiciere und Soldaten ebenso willig gefunden? Aber die Oesterreicher! Das ist freilich etwas Anderes. Für den deutschen Historiker der gewissen Farbe hat es ja nie eine Grenze für die Dinge gegeben, mit denen man ohne Bedenken die Oester reicher schmähen und herabsetzen darf und höchstens einiges Erstaunen und Zürnen, wenn diese dieselben Rechte in Anspruch nehmen, welche man Anderen doch als so selbstverständlich zuerkennt. Waren denn dies nicht Officiere, ganz so gut wie deutsche oder preussische ? Möge man da nicht von »objectiver Forschung« und »historischer Gerechtigkeit« reden! Nachdem wir der Vollständigkeit halber noch erwähnen, dass auch dem englischen Cabinet die Urheberschaft des Mordes zugeschrieben wurde, ohne dass sich für dieses Gerücht ein ernsterer Verfechter gefunden hätte; dass das von dem Elsässer Publicisten Koch in die Welt gesetzte, von Gohier upd Andern weiterverbreitete Märchen1), die Königin Caroline von Neapel habe den Mord veranlasst, in neuerer Zeit abermals mit viel Bemühen und wenig Glück als ernst zu nehmende Hypothese verfochten wurde2); dass Arthur Böhtlingk den General Bonaparte als intellectuellen Urheber des Mordes bezeichnete3) und seine Behauptung mit so viel Eifer verfocht, dass die Manen der Ermordeten und die ihrer vermeintlichen Mörder schliesslich sogar vor das Karlsruher Schöffengericht ') Delaure, Esquisses historiqu.es; Gohier, Mémoires. 2) Müller, Rastatter Gesandten-Morcl. Leipzig, 1873. Programm des Vitzthum’schen Gymnasiums in Dresden, 1876. 3) Napoleon Bonaparte. Seine Jugend und sein Emporkommen. Jena, 1880.