Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 11. (Neue Folge, 1899)

Hauptmann Oscar Criste: Beiträge zur Geschichte des Rastatter Gesandten-Mordes 1799 - Ansichten verschiedener Historiker über den Gesandten-Mord

Beiträge zur Geschichte des Rastatter Gesandten-Mordes. 409 Besonders lehrreich sind die Wandlungen der Ansichten Sybel’s. In seiner »Geschichte der Revolutionszeit« J) kommt er zu dem Schlüsse, dass Graf Lehrbach auf Befehl Thugut’s die Verhaftung der französischen Gesandten veranlasst habe, um sich ihres Archivs zu vergewissern; Erzherzog Carl habe Lehrbach hiezu Truppen zur Verfügung stellen müssen und diesen habe Lehrbach auf eigene Faust die Weisung ertheilt, »die niederträchtigen Jacobiner bei Gelegenheit ihrer Arretierung etwas zu hauen oder zu zausen«. Dieser Ausdruck (wo ist die authentische Quelle?) sei unseliger Weise miss­verstanden und die Gesandten seien ermordet worden. Wirkliche Beweise für diese angebliche Weisung ist Sybel natürlich, wie ihm dies manchmal auch in anderen Fragen geschieht, schuldig geblieben. Dass diese Ansicht Sybel ’s, die übrigens, wie wir wissen, auch des Reizes der Neuheit entbehrt, mit einer Fülle von scheinbar unumstösslichen Beweismitteln, mit einem erstaun­lichen Aufwand von Scharfsinn, in Folge dessen aber auch mit einer imponierenden Bestimmtheit, die jeden Widerspruch von vornherein zu verbieten Miene machte, vorgetragen wurde, ist bei der Bedeutung und dem Selbstbewusstsein dieses preussischen Historikers selbstverständlich. Es lässt sich nur durch die bekannte Parteistellung Sybel’s erklären, dass er sich entschloss, den durch die Schriften Vivenot’s, Mendelssohn - Bartholdy’s und Helfert’s schon ziemlich gründlich aus der Welt geschafften »Lehrbacli-Mythos« wieder auszugraben und von Neuem zu vertheidigen, da es ihm doch leicht gewesen wäre, mit dem­selben Scharfsinn, denselben unumstösslichen Beweissmitteln und mit demselben — Glück eine beliebige andere, bereits alte Hypothese zu vertreten, denn die bereits im Jahre 1833 erschienenen Mittheilungen Arnault’s2) über ein Gespräch, das Graf Le hrb ach in einem Münchener Ga’sthofe geführt haben und das belauscht worden sein soll und worauf Sybel seine Hypothese hauptsächlich stützte, waren denn doch zu wenig >) Sybel, Geschichte der Revolutionszeit von 1795 bis 1800. IT. Band. 272 ff. (Stuttgart 1879). 2) Arnault, Souvenirs d’un sexagenaire. Paris 1833.

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