Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die bosnisch-hercegovinische Infanterie
— 617 Organisatorische Entwickelung. Im Jahre 1878 sah sieh die Regierung der österreichisch-ungarischen Monarchie aus Gründen politischer Natur und im Einvernehmen mit den übrigen Grossmächten Europa’s veranlasst, die bisher unter türkischer Herrschaft gestandenen Provinzen Bosnien und Hercegovina zu occupieren. Die zu diesem Zwecke aufgebotene Truppenmacht unter EZM. Joseph Freiherrn von Philippovió löste, unter Bewältigung des sich bietenden Widerstandes der Bevölkerung, diese Aufgabe in kurzer Zeit und wurde nach vollkommener Unterwerfung sofort eine geordnete, die Hebung der Cultur, Industrie etc. anbahnende Verwaltung eingesetzt. Nachdem vorübergehend noch im Jahre 1881/1882 Unruhen in einem Theile dieses Gebietes vorgekommen waren, begann der Staat, gewissermassen als Gegenleistung für die vielen materiellen Opfer, welche zur Hebung dieser Provinzen gebracht wurden, die Heranziehung der Bevölkerung zum Kriegsdienste successive durchzuführen. Die erste Massregel in dieser Richtung erfolgte 1882 durch Aufstellung von vier bosnisch-hercegovinischen Infanterie - Compagnien zu Sarajevo, Banjaluka, Dolnja Tuzla und Mostar, bei gleichzeitiger Etablierung von vier Ergänzungs-Bezirks-Commanden in den genannten Orten1). Die Officiere und Unterofficiere, sowie einige als Abrichter geeignete ältere Infanteristen wurden dem Truppenstande der Infanterie-Regimenter entnommen; der Nachwuchs an Unterofficieren wurde durch einheimische Wehrpflichtige gedeckt, welch’ letztere auch vor Ablauf der Minimal-Dienstzeit zu Gefreiten oder Unterofficieren befördert werden durften. Zur Verseilung des geistlichen Dienstes wurden zwei „Imame” ernannt (im Range von Militär-Caplänen) und überhaupt die Wahrung der religiösen Bedürfnisse und Gebräuche der Wehrpflichtigen durch specielle Vorschriften geregelt. Die Durchführung der Assentierung in den oecupierten Provinzen erfolgt auf Grund des provisorischen Wehrgesetzes rom Jahre 1881* 2), welches von dem für die übrigen Kronländer und Provinzen der Monarchie gütigen in folgenden Puncten wesentlich verschieden ist: 1. Die Dienstpflicht beträgt drei Jahre in der Linie, neun Jahre in der Reserve (Landwehr entfällt, ebenso die Verpflichtung zum Landstürme). 2. Jährlich werden vier Altersclassen zur Stellung herangezogen. 3. Stellvertretung ist gestattet. Ausserdem bestehen einige Abweichungen über Befreiung von der Stellungspflicht und über zeitliche Befreiungen; ebenso werden keine Einjährig*) Ausserdem wurden noch vier Train-Standes-Abtheilungen formiert, dann die Ergänzung des Gendarmerie-Corps für diese Provinzen durch eingeborene Wehrpflichtige angeordnet. 2) Normal-Verordnungsblatt für das k. und k. Heer. 44 Stück.