Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Organisation und Einrichtung der kaiserlichen Regimenter zu Fuss (Infanterie-Regimenter)
— 37 — alten Systems, insbesondere jene des Schaftes bedeutend verringert wurden, wodurch die Gabel entbehrlich geworden warl), wurde auch eine nach einem neuen Modell construierte Muskete, die sogenannte Flintenmuskete, in Gebrauch gesetzt. Diese Muskete war, um den Mängeln des Luntenschlosses2) abzuhelfen, mit einem Feuerstein-(Schwefelkies-)Schlosse versehen, welches jedoch einen zweiten Hahn hatte, in den die Lunte passte, so dass die Muskete nach Belieben mit der letzteren, oder mit dem Steinschloss abgefeuert werden konnte. Jedoch schon in den ersten Jahren des Krieges gegen die Türken wurden einzelne Theile des kaiserlichen Heeres mit einem neuen Feuergewehr, der B aj onn ettflinte mit Feuerstein- oder Batterieschloss betheilt, welche gegen Ende des 17. Jahrhunderts als einzige Bewaffnung für die Fuss-Truppen vorgeschrieben wurde und nicht nur die Muskete verdrängte, sondern auch die gänzliche Abschaffung der Pike zur Folge hatte8). Die Bajonnettflinte war in allen ihren Dimensionen, sowie dem Caliber kleiner, also handsamer als die Muskete und wurde vom Füsilier auf der linken Achsel geschultert getragen. Das bei seiner ersten Einführung mit einem hölzernen Stiele in die Mündung gesteckte Bajonnett wurde nunmehr mit der Dille gepflanzt*). Der Ladstock war von Holz, mit eisernem Setzer, Papierpatronen bereits eingeführt. Als Hauptwaffe der in diesem Zeiträume errichteten Grenadiere diente noch die Handgranate. In Bezug auf die Bekleidung wurde unter Kaiser Leopold gegen Ende des 17. Jahrhunderts insoweit eine Gleichheit wenigstens innerhalb der Regimenter angebahnt, als angeordnet wurde, dass, um die einzelnen Regimenter voneinander zu unterscheiden, an den Röcken, welche möglichst lang und breit sein sollten und die Stelle des heutigen Mantels vertraten3 * 5), Aufschläge anzubringen seien. Die Wahl der Farbe derselben war dem Belieben des Inhabers überlassen. Die meisten Regimenter trugen nunmehr Röcke aus perlgrauem (natur- färbigem) Tuche, woraus nach und nach das traditionelle Weiss des kaiserlichen Heeres sich entwickelte6). 1705—1740. Was die Zahl der Regimenter in der Eugenischen Periode, beziehungsweise nach dem 1705 erfolgten Tode Kaiser Leopold I. betrifft, welcher davon 38 hinterlassen hatte (gegen 17 welche er übernommen), so ergaben sich in derselben bis zum Schlüsse des spanischen Erbfolgekrieges nur unbedeutende Veränderungen7). Im Jahre 1711 wurde bei jedem Regimente eine zweite Grenadier- Compagnie formiert, dagegen die Zahl der Füsilier-Compagnien um eine verringert und hatten dieselben nunmehr 3 Bataillone k 5 Compagnien zu bilden. 3) Der Verschluss des Rohres und die Verbindung mit dem Schafte bereits durch die Schwanz schraube hergestellt. 2) Schwierigkeit, die Lunte bei feuchtem Wetter brennend zu erhalten, leichte Entdeckbarkeit der Truppe bei nächtlichen Unternehmungen u. s. w. 3) In dieser Zeit kommen nunmehr die Schweinsfedern (spanischen Reiter, K. A., H. K. R. 1687, Prot. Fol. 290) in Gebrauch. Doch erhielt sich die Pike vereinzelt noch bis zu Beginn des spanischen Erbfolgekrieges. Gleichzeitig verschwanden nunmehr auch alle anderen noch getragenen Schutzwaffen. *) Das Bajonnett ersetzte nun bei den Unterofficieren und der Mannschaft den Degen. 5) Unter demselben trug der Mann eine dem ,,Aermelleibel” unserer Zeit ähnliche Weste mit Aermeln, ..das Camisol”. 6) 1708 wurden für alle Regimenter perlgraue Röcke vorgeschrieben, doch kommen noch durch eine Reihe von Jahren, insbesondere bei Regimentern, welche von deutschen Reichsfürsten aufgestellt worden waren (wie Bayreuth, jetzt Erzherzog Eugen Nr. 41 u. A.), blaue Röcke vor. 1748 wurde die weisse Farbe ausdrücklich für alle Regimenter, inclusive der ungarischen, welche bisher auch zumeist nach nationaler Art blaue Röcke (Dolmans) trugen, festgesetzt. 7) An noch bestehenden Regimentern wurden in dieser Zeit errichtet : Plischau, jetzt Graf Lacy Nr. 22 und Bevern, jetzt Freiherr von Loudon Nr. 29; drei für den Dienst in Spanien aus Abtheilungen alter Regimenter formierte Regimenter wurden seither wieder aufgelöst.