Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten
- 103 — Militär-Vor Schriften unterworfen, daher auch Officiers- und Unterofficiers-Stellen erlangen könnten. Nachdem bei der ersten Theihmg Polens im Jahre 1772 Galizien und Lodomerien an Oesterreich gefallen waren, erhielten anfänglich 18 Regimenter und zwar jene, deren Garnisons-Bataillone dort lagen, im Jahre 1782 aber alle 37 deutschen Werb-Bezirks-Regimenter je einen Aushilfs-Werb-Bezirk in Galizien. Als später in den Jahren 1801 und 1807 in Folge Abtretung der Niederlande und der Lombardié, beziehungsweise Tyrols und Yeneziens, die wallonischen und italienischen Regimenter, sowie auch zur Ausgleichung einige bisher deutsche Regimenter mit ihrer Ergänzung ganz an Galizien überwiesen wurden, behielten nur noch die in dem angrenzenden Mähren und Schlesien sich recrutierenden (12) Regimenter je einen Aushilfs-Bezirk für die Hälfte des Standes in Galizien; doch auch diese verloren diesen Antheil in Folge der geänderten Werb-Bezirks- Eintheilung von 1817. In Ungarn, wo das System der freien Werbung aufrecht erhalten blieb, wurden den Regimentern 1783 auch nun bleibende Werbe-Rayons zugewiesen1). Im Laufe der Kriege gegen Frankreich wurde jedoch auch in diesem Lande die Abstellung von Recruten durch die Stände, wie selbe früher in den Erblanden üblich war, eingeführt. Da aber der Adel, die Geistlichkeit und besitzenden Classen hier in noch grösserem Masse als dort von dem Militär-Dienste befreit waren, so erstreckte sich diese Massregel zumeist nur auf die Bevölkerung der Freistädte und den ganz in Knechtschaft lebenden Bauernstand. Da diese letzteren Classen oft nicht genügten, um den Abgang zu decken, so durften auch alle: Landstreicher, Müssiggänger, herrenloses Gesindel, verdächtige Leute u. s. w., für welche Kategorien die Bezeichnung „Vagabunden” landläufig war, angenommen werden* 2). In den Niederlanden ergänzten sich die Regimenter ohne Zuweisung specieller Werbe-Rayons aus der ganzen Provinz in concreto ; in Italien war zwar auch keine Abgrenzung von Werb-Bezirken erfolgt, doch ergänzte sich das Regiment Belgiojoso Nr. 44 vorwiegend aus dem Mailändischen, Caprara Nr. 48 aus dem Mantuanischen. Als die Lombardié im Frieden von Luneville 1801 abgetreten wurde, dagegen Venezien an Oesterreich kam, wurden ausser dem obgenannten Regimente Nr. 443) noch 3 andere Regimenter ebenfalls durch freie Werbung in dieser Provinz ergänzt. In Tyrol wurde 1785 versuchsweise die Conscription eingeführt; da die Durchführung derselben und die regelmässige Assentierung jedoch auf Widerstand seitens der Bevölkerung stiess, so wurde 1790 wieder von dieser Massregel abgesehen und das Tyroler Land- und Feld-Regiment, wie bisher, auch ferner durch freie Werbung von In- und Ausländern completiert. Mit Patent vom 4. Mai 1802 wurde die lebenslängliche Militär-Dienstzeit in den erbländischen Provinzen aufgehoben und den conscribierten Inländern auch die Capitulation auf eine bestimmte Zahl Jahre bewilligt und zwar bei der Infanterie auf 10 Jahre; gleichzeitig wurde die Reengagierung derselben bewilligt. Laut Allerhöchster Resolution vom 11. Juni 18114 5) wurde jedoch die Capitulation für alle Waffengattungen mit 14 Jahren festgesetzt6). *) Bisher wurden dieselben fallweise vom Landtage, oft nicht einmal in angrenzenden Comitaten den Regimentern anrepartiert, so dass ein solches z. B. in Ober-Ungarn und gleichzeitig an der unteren Donau werben konnte. 2) Es lautete auch bei solchen die Assentierungs-Clausel: ,,als passloser Vagabund aufgegriffen, auf beständig gestellt”. Für alle übrigen abgestellten Recruten wurde die Dienstzeit fallweise bestimmt. 3) Nr. 48 mittlerweile aufgelöst. 4) K. A.. H. K. R. 1811, K. 2422. 5) Nur für die conscribierten Provinzen inclusive Galizien gütig; in Ungarn erfolgte die Herabsetzung der Dienstzeit erst 1828.