Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten
- 88 Als 1701 die Grenadier-Compagnien zusamm engestellt wurden, wurden die in der niedersten Soldclasse stehenden Gemeinen dieser Compagnie „Grenadier-”, jene der übrigen „Füsilier-Gemeine” genannt, vom Jahre 1769 an erscheinen dieselben in allen Standes-Listen und Vorschriften kurzweg als „Gemeine” bezeichnet. 1869') wurde diese Benennung, der Waffengattung entsprechend, in „Infanterist” umgewandelt. Dem Gemeinen wurde vor Allem die genaue Beobachtung der Kriegsartikel, der Wachverhaltungs- und der Exercier-Vorschriften zur Pflicht gemacht. Die Reinhaltung der Montur und Waffen wurde mit grosser Strenge gefordert. Gegenwärtig muss der Infanterist, ausser jenen Eigenschaften und Obliegenheiten, die vom Soldaten im Allgemeinen gefordert werden, trachten, sich für die Verwendung im Felde auszubilden, sich im Gebrauche der Feuerwaffe zu vervollkommnen und ein vorzüglicher Schütze zu werden. Er soll Ausdauer im Marschieren mit voller Bepackung und Uebung im Gebrauche des Infanterie - Spatens erlangen. Kenntniss der deutschen Sprache, des Lesens, Schreibens und Rechnens ist für ihn nützlich, zu seiner Beförderung wesentlich massgebend* 2), die Sprachkenntnisse jedoch nicht unbedingt erforderlich. Schon gegen Ende des 17. Jahrhunderts befand sich unter der Zahl der Gemeinen ein mit den erforderlichen Werkzeugen ausgerüsteter Zimmermann. Vom Jahre 1769 erschienen die Zimmerleute über den Stand der Gemeinen, seit 1807 auch im Frieden (im Kriege zwei). Seit 1867 werden keine Zimmerleute mehr im Stande geführt3), dagegen werden im Frieden vier Mann per Compagnie als Pionniere ausgebildet, zählen jedoch auf den Stand der Infanteristen; im Kriege jedoch über denselben4). Compagnie-Schuster. 186 t5) wurden per Compagnie zwei dieser Profession kundige Gemeine als solche im Stande geführt, zählten jedoch zu den Nichtstreitbaren6). 1867 wurden dieselben wieder aufgelassen und deren Dienst nach wie vor durch Gemeine (Infanteristen) des Feuergewehrstandes besorgt. Gegenwärtig werden im Kriege zwei mit Feuergewehr ausgerüstete Infanteristen als „Compagnie-Schuster” verwendet. Blessiertenträger. Seit 1861 werden bei jeder Compagnie, auch im Frieden, drei Mann als solche ausgebildet und mit den nöthigen Requisiten ausgerüstet. Die Blessiertenträger haben im Gefechte den Sanitäts-Hilfsdienst zwischen der Gefechtslinie und den Hilfsplätzen auszuüben; im Frieden haben sie bei Unglücksfällen die erste Hilfe zu leisten7). *) Allerhöchste Entschliessung vom 24. Januar. 2) Für die Belehrung der Mannschaft und Verwerthung des nationalen Elements ist die Kenntniss deik Sprache des Truppenkörpers sehr wichtig, (Verhaltungen für den „Soldaten” im Allgemeinen.) 3) Die Zimmerleute waren im Allgemeinen wie die Gemeinen adjustiert, nur trugen dieselben bis 1755 nebst dem Hute noch eine Art niedrigere Grenadier-Mütze, statt des Bajonnetts den Infanterie-, von 1851 an den Pionnier-Säbel (Faschinenmesser), dann ein Schurzfell aus braunem Oberleder (letzteres 1851 abgeschafft). Die Werkzeuge wurden von denselben in einem Futteral über die rechte Achsel getragen. 4) Die Pionniere sind ganz wie die übrige Mannschaft adjustiert und mit dem Feuergewehre sammt Bajonnett ausgerüstet. Die erforderlichen Pionnier-Werkzeuge (Krampen. Schaufel), rückwärts am Tornister befestigt, werden von der Mannschaft ohne Chargengrad getragen. 5) Verordnung vom S. Mai. 6) Dieselben waren daher nicht mit dem Feuergewehre ausgerüstet und trugen eine sogenannte „Werkzeugtasche” an einem Ueberschwungriemen; auf dem Marsche wurden sie zur Bedeckung der Bagagewagen verwendet. 7) Die Blessiertenträger tragen eine weissrothe Armbinde mit dem Genfer Kreuz und sind mit Pionnier-Säbeln bewaffnet.