Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 10. (Neue Folge, 1898)

Custine's Einbruch in Deutschland - Custine's Unternehmung auf Speyer

Oesterreich im Kriege gegen die französische Revolution 1792. 29 würden.“ Als der Kurfürst in Coblenz am 5. October erfuhr, die Franzosen seien nur mehr 12 Lieues von der Stadt entfernt, wollte er flüchten. Die Bürger widersetzten sich dem und schnitten die Zug­stränge seiner Wagenpferde ab; trotzdem entfloh er nächste Nacht nach Bonn. Adel und Geistlichkeit wollten auch entfliehen; die Bürger bemächtigten sich der Stadtthore und Hessen Niemanden hinaus. In Neuwied bezeigte der Adel dieselbe Angst; die Bürger aber blieben ruhig und zuversichtlich, wie jene von Coblenz und Frankfurt. *) FML. Fürst Esterhazy konnte den Breisgau von Truppen nicht entblössen, ohne Biron förmlich einzuladen mit dem Reste seiner Armee über den Rhein nach Deutschland einbrechen, wohin Custine’s Erfolge lockten. Sicherlich wäre dieser zum Rück­züge veranlasst worden, wenn Fürst Esterházy, auch nur mit einem kleinen Corps, etwa bei Kehl, über den Rhein, nach Frank­reich eingedrungen wäre. Bedenkt man aber, dass dem Fürsten Esterházy auf französischem Boden (das Gelingen des Rhein-Ueber- ganges vorausgesetzt) ohne den Truppen Custine’s eine seiner eigenen Truppenstärke mindestens doppelt, mit Custine’s Corps aber eine vierfach überlegene Zahl feindlicher Truppen entgegen­stand; dass das starke Strassburg Kehl gegenüber liegt; dass die Rheinstrecke von Strassburg bis Basel französischerseits durch eine Art Landsturm 3) bewacht und vertheidigt wurde; dass im Falle der Niederlage des Corps Esterhazy die ganze Rheinstrecke Basel— Coblenz gegen Frankreich offen lag, und Fürst Esterházy endlich weder auf die Hessen-Darmstädter, noch die Mannheimer Truppen zählen durfte — so ist leicht zu begreifen, warum der Fürst nicht über den Rhein zu gehen versuchte. Dass Mainz ohne Noth und Zwang, ohne jeden Kampf, auf die einfache Aufforderung Custine’s dem Feinde sich preisgeben würde, konnte FML. Fürst Esterházy nicht ahnen; er hätte sonst obzwar es weit ausserhalb des ihm zur Vertheidigung zugewiesenen Raumes lag und trotz der Schwierigkeiten, die der Ausführung seiner militärischen Mass­nahmen im Lande der Verbündeten vorgelegt wurden, diese schmähliche Auslieferung des Platzes, wenn auch nur mit einer Handvoll Oesterreicher, sicherlich zu verhindern gewusst. ’) Moniteur, Seite 1221. 2) Von General d’Harambure organisiert; Chuquet, VI, 4.

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