Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)
Oberstlieutenant Hausenblas: Oesterreich im Kriege gegen die französische Revolution 1792 (Fortsetzung) - Rückzug der Verbündeten aus der Champagne - Rückmarsch von Valmy bis hinter die Maas
6 Hausenblas. Lebensmitteln gezwungen war, wieder nach Verdun zu marschieren. Diese und dergleichen mehrere unzählbare Fehler, so der Herzog von Braunschweig begangen, beweisen nach dem Urtheil, das alle unsere Generals gefällt haben, dass der Herzog gewiss nicht der Mann ist, für welchen man ihn hält und ausgegeben hat.“ Noch deutlicher spricht sich das Misstrauen gegen Braunschweig in einem Berichte Hohenlohe’s an den Kaiser *) aus, in welchem der Feldzeugmeister nach Darlegung seiner, dem Herzog wiederholt kundgegebenen Meinung sich äussert: „Ich glaube nicht gegen die Subordination zu fehlen, wenn ich, da hundert Gründe keinen Eindruck machen, geradezu widerspreche.“ Nicht viel besser sah es aber auch im französischen Hauptquartier aus. Die Rivalität und Verschiedenheit der Meinungen der beiden einander coordinierten Armee - Commandanten Dumouriez und Kellermann über die nach dem Tage von Valmy zu treffenden Massnahmen, schienen einer raschen Ausnützung der Situation abträglich. Kellermann hielt ein längeres Verweilen in der Gegend von St. Ménehould für unzulässig, indem er noch immer einen Vormarsch der Verbündeten auf Chalons sur Marne für wahrscheinlich hielt. Er war der Ansicht, man müsse nach Chálons zurück und die Marne-Linie zu vertheidigen suchen. Der Kriegsminister Servan war derselben Anschauung. Dumouriez dagegen wollte von einem weiteren Rückzuge absolut nichts wissen, er beabsichtigte im Gegentlieil, alle bei Chálons—Reims stehenden Neuformationen, sowie sonst verfügbaren Kräfte heranzuziehen, um auf diese Weise 80—100.000 Mann dem Feinde entgegenstellen zu können, mit welcher Kraft er dem täglich schwächer werdenden Heere der Verbündeten entschieden überlegen zu sein glaubte; schliesslich sollte auch Custine mit 15.000 Mann aus dem Eisass in der Richtung auf Verdun Vorgehen und dem Feinde in den Rücken fallen. Im Ministerrathe zu Paris entschloss man sich endlich, Dumouriez das Ober-Commando zu übertragen, empfahl ihm jedoch, die Eigenliebe Kellermann’s zu schonen. Die Tage der Unterhandlungen mit den Preussen hatte Dumouriez gut ausgenützt und war es ihm gelungen, die in der Champagne stehenden Kräfte auf 70.000 Mann zu erhöhen. Der *) Cabinets-Acten. Correspondenz Hohenlohe’s 10.