Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)
Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Preussen und Ungarn
König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn. 223 Selbstverständlich aber verschaffte das wiederholte Eintreten des brandenburgischen Kurfürsten für die Evangelischen in Ungarn ihm dort vielen Anhang und Ansehen, mehr noch aber das Potsdamer Edict vom 8. November 1685,in welchem er sich als Protector der Protestanten erklärt. War das Edict auch zunächst nur als Antwort auf die Aufhebung des Edicts von Nantes (23. October 1685) erlassen, so konnte es doch nicht fehlen, dass die Wirkung eine ganz allgemeine war und auch bei den Glaubensgenossen innerhalb des Karpathenwalles nicht ausblieb. Thatsächlich galten seit den Tagen des Kurfürsten Friedrich Wilhelm die Hohenzollern den ungarischen Protestanten als die Schirmherren ihres Glaubens. 2) Der Sohn Friedrich Wilhelm’s, Friedrich III., hatte schon als Kurprinz in guten Beziehungen zum Kaiserhofe gestanden; als er Kurfürst geworden, setzten sich dieselben fort und änderten sich nicht, da er erst durch Leopold I. die Königswürde zu erlangen strebte und als er sie 1701 erlangt, den Habsburgern Dank schuldig war, welchen er auch eifrig zusagte. Trotzdem ist er mit dem aufständischen Franz Rákóczy in Verbindung gestanden. Der Berliner Hof hatte 1708 seine Hand ziemlich tief in die ungarischen Wirren getaucht. Damals gab es eben Verstimmungen zwischen Berlin und Wien. Der Antrag Frankreichs zur Erhebung eines preussischen Prinzen auf den ungarischen Thron wurde vom Könige nicht ungnädig aufgenommen. Der Vermittler dieses Antrages war sein Hofcaplan, Consistorialrath Jablonsky, der schon früher den Verkehr der ungarischen Protestanten mit dem preussischen Hofe vermittelt hatte. Man machte in Berlin ein weiteres Vorgehen von dem Erfolge des von Rákóczy beschlossenen Feldzuges nach Schlesien abhängig, der thatsächlich für den Herbst 1708 eingeleitet ward (Ocskay’s Zug in die Passage nach Schlesien). Aber in der Schlacht gegen den kaiserlichen General Heister bei Trencsin am 4. August 1708 ging Rákóczy’s Glücksstern *) *) Eberty, Geschichte des preussischen Staates, I, 655 ff. (Breslau 1867). 2) Preussische Staatsschriften aus der Regierungszeit König Friedrich II., III, 244 (Berlin, 1892). — Aehnlich Marczali „Preussisch-ungarische Verhältnisse 1789 — 1790“ („Literarische Berichte aus Ungarn“, Budapest, 1878): „Ein grosser Theil des ungarischen Volkes blickte schon seit mehr als einem Jahrhunderte auf den Fürsten von Preussen als den Wahrer seiner Rechte.“