Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Die Stellung der Protestanten in Ungarn

218 K i e n a s t. stanten zwar nicht unfreundlich, aber doch ablehnend. Erst im letzten Jahrzehnt ihrer Regierung gieng sie von diesem Ver­halten ab. Im Anfang ihrer Regierung wurden im Allgemeinen die bereits unter Carl VI. eingeschlagenen Wege consequent weiter beschritten. Es findet sich in den ersten zwei Decennien Maria Theresia’s keine Massregel, welche auf andere Gesichtspuncte und politische Anschauungen, als die bereits bekannten zurückzuführen wäre. Noch mehr aber, als unter ihrem Vater tritt unter ihrer Regierung die rein politische Tendenz in der Durchführung der Gegenreformation hervor.1) Die Forderungen, welche die Protestanten Ungarns im October 1742 vorbrachten, beleuchten am besten deren Auffassung ihrer Stellung; sie sind in Kurzem folgende: Die Evangelischen seien von Staats-, Comitats- und Staatsämtern nicht länger aus­geschlossen; man zwinge sie nicht, bei Maria und den Heiligen zu schwören; das Stimmrecht bei den Wahlen dürfe ihnen nicht entzogen werden; ihre Prediger seien blos den Superintendenten und keiner fremden Gerichtsbarkeit unterworfen; in Ehesachen solle von den Superintendenten ihren Glaubenssätzen gemäss entschieden werden; es werde ihnen gestattet, ihre Kirchen und Bethäuser, Predigerwohnungen und Schulgebäude auszuhessern und zu er­neuern ; den Magnaten und Adeligen stehe es frei, auf ihrem eigenen Grunde Bethäuser zu errichten, Prediger zu halten und ausserhalb der Articular - Orte wohnende Landleute am Gottes­dienste theilnehmen zu lassen; zur evangelischen Kirche Ueber- tretende sollen nicht als Apostaten bestraft und aus der Heimath vertrieben, bereits Vertriebene aber zurückgerufen werden; die seit 1715 den augsburgischen und helvetischen Glaubensgenossen weggenommenen Kirchen, in denen noch keine Messe gelesen worden, sollen zurückgestellt werden; den Predigern in den künigl. Freistädten sei es nicht länger untersagt, sich zu Amts­verrichtungen in die innere Stadt zu begehen; den Schulen sei der Unterricht ohne Beschränkung gestattet; die Magistrate der Städte sollen den von auswärts einwandernden Evangelischen das J) Zwiedineok-S., a. a. 0., S. 496. Vergl. Adam Wolf, Oesterreich unter Maria Theresia (Wien, 1855), Seite 407—414.

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