Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Die Stellung der Protestanten in Ungarn

König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn. 211 Im Frieden von Szatmár, 1. Mai 1711, versprach der König, die Gesetze über Glaubensfreiheit, sowohl in Ungarn, als in Sieben­bürgen, treu zu beobachten; jede Religionsbeschwerde dürfe gleich oder auf dem nächsten Reichstage vorgebracht werden. Aber nach Kaiser Joseph I. Tode zeigten sich schon auf dem Krönungs-Reichs­tage von 1712 wieder die stärksten Gegensätze zwischen Katho- liken und Protestanten. Die Vereinbarungen wurden nicht gehalten, die gewonnenen Rechte willkürlich erweitert und die ungarischen Bischöfe erhoben im Jahre 1714 die Beschwerde: jeder Edelmann baue sich auf seinem Wohnsitze Kapellen und halte Prediger, was doch nur den Magnaten gestattet sei; man lasse auch die benach­barten Dorfbewohner an diesen gesetzwidrig eingerichteten Gottes­diensten theilnehmen; die Lehrer und Prediger in den Articular- Orten seien zahlreicher als nöthig, sie giengen sogar in die benachbarten Orte amtieren, wodurch sie das Einkommen der katholischen Pfarrer schmälerten; sie hielten nicht die katholischen Festtage und hielten auch in der Advents- und Fastenzeit Tanz­unterhaltungen und Hochzeiten. Kaiser Carl VI. entschied in einem Edicte vom 28. April 1714 an die Evangelischen im Sinne der Bischöfe. Auf dem Reichstage dieses und des folgenden Jahres wurde mit Gesetzartikel 30 die Entscheidung über die Religions­frage in die Hände des Königs gelegt und gesagt, Seine Majestät habe für gut befunden, dass die betreffenden Gesetzartikel von den Jahren 1681 und 1687 nach ihrem wahren und nunmehr festgestellten Sinne noch (adhuc) aufrecht erhalten und als erneut und bestätigt angesehen werden sollten. Zugleich wurden zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Katholiken und Pro­testanten Commissionen eingesetzt, welche dem König Bericht zu erstatten und dessen Entscheidung auszuführen hatten, Beschwerden gegen dieselben durften fernerhin nicht mehr im Namen der evan­gelischen Kirchengemeinschäft, sondern von jedem nur in seinem persönlichen Namen vorgebracht werden. Auch die Beschlüsse der Rosenburger Synode wurden für ungesetzlich und ungiltig erklärt und zugleich den Glaubensverwandten beider evangelischen Con- fessionen Versammlungen unter welchem Namen immer, wie auch jede Art von Selbstbesteuerung verboten. Der politische Zweck in diesen Bestimmungen ist deutlich erkennbar. Es ist nicht eben der überzeugungstreue Eifer für den 14*

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