Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Die Stellung der Protestanten in Ungarn

210 K i e n a s t. den Katholiken, jetzt von diesen den Protestanten entrissenen Pfarren und Kirchen war so heftig, dass er die Auflösung der Versammlung, selbst die Trennung des antikaiserlichen Bundes herbeizuführen drohte. Franz Rákóczy selbst, persönlich Katholik, verwarf die Forderungen der Evangelischen aus politischen Gründen freilich nicht, da er sonst den wesentlichsten Theil seiner Anhänger und die Sympathien und Unterstützungen des protestantischen Auslandes verloren und so seine Sache von vornherein aussichtslos gemacht hätte. Nur nach vielen Bemühungen Rákóczy’s und der Gemässigten beider Parteien kam das Zugeständniss der freien Religionsübung der augsburgischen und helvetischen Confessions- genossen zu Stande. Man musste insbesondere unter Androhung von Strafen dem Streben der Grundherren aller Religionsparteien verbieten, unter irgend einem Scheine oder Vorwände die freie Religionsübung ihrer Unterthanen zu hindern. Den Protest des katholischen Clerus gegen diese Gleichberechtigung voraussehend, erklärte der Reichstag demgemäss gleich auch für die Zukunft jeden Einspruch für ungiltig. Trotz der Beschlüsse dieses Reichs­tages kamen indessen bei dem nun folgenden Ausgleiche in den Comitaten und königlichen Freistädten auch unter der Rákóczy’schen Regierung die Evangelischen vielfach nicht zu den Kirchen und Pfarren, die sie beanspruchten. Niclas Bercsényi selbst, der geistige Leiter des Aufstandes und verbissenste Feind des Hauses Habsburg, bewirkte, dass beispielsweise in Tót-Lipcse die Kirche den Katho­liken zugesprochen wurde, obwohl daselbst deren 50 den 2000 Lutheranern gegenüber standen. Von Wichtigkeit für die Lutheraner ist die Zeit der Rákóczy’schen Erhebung noch desswegen, weil sie damals auf der Rosenberger Synode (1707) sich zuerst in um­fassender Weise so zu organisieren versuchten, wie dies unter Carl VI. (in Ungarn König Carl III.) im Principe gesetzlich durch­geführt wurde. Auch diesmal wieder zeigte es sich, dass man die Glaubensfreiheit wohl für sich in Anspruch nahm, sie Anderen aber keineswegs zugestehen wollte. Die Orthodoxen setzten es auf der Synode durch, dass man die Pietisten, rvelche auf thätige Frömmigkeit mehr hielten, als auf Dogmen, verdammte und der Besuch der Universität Halle ver­boten wurde, weil dort Spener und andere Männer lehrten, die man als Pietisten des Abfalles vom strengen Lutherthum beschuldigte.

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