Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762

200 K i e n a s t. nach Aussen sind; dennoch finden sie sich nicht in der „Politischen Corre­spondenz“, die doch „alle, die aus wäi'tigen Beziehungen des Königs angehende Schriftstücke, welche seine oder seiner Gehilfen Unterschrift tragen, in die Publi­cation aufzunehmen“ sich vorgesetzt hat. Da drängt sich unwillkürlich die Frage auf, oh denn vom König oder in seinem Aufträge (etwa an die Gesandten in Wien und Regensburg) in Betreff der protestantischen Unterthanen Maria Theresia’s in Ungarn und den deutschen Erbländern nicht mehr geschrieben worden, als in dem nun schon einundzwanzig Bände starken Werke enthalten ist und ob das Gleiche nicht auch in Bezug auf die Verbindungen mit den Türken und Tataren der Fall ist? Vom Beginne des siebenjährigen Krieges ist auch die militärische Corre- spondenz des Königs in die Veröffentlichung einbezogen. Die Ergänzung und Be­leuchtung, welche der politische Schriftenwechsel dadurch erfährt, lassen es sehr bedauerlich erscheinen, dass dies nicht von allem Anfänge an geschah. Die nach­folgende Untersuchung wäre hiedurch, wie nach den trotzdem gewonnenen Resultaten mit Grund behauptet werden darf, gewiss ausserordentlich gefördert worden, namentlich im Hinblicke auf des Königs Bemühungen, österreichische und ungarische Officiere und Soldaten zum Uebertritt in seine Dienste zu verleiten. Es ist übrigens auch in diesem Falle sehr eine Frage der Auffassung, ob nicht auch diese gleicherweise consequent verfolgten und für die Armee Maria Theresia’s so gefährlichen Bestrebungen in das Gebiet der auswärtigen Politik Preussens gehören; und doch erfährt man darüber aus der „Politischen Correspondenz“ recht wenig. Mag sie übrigens lückenlos sein oder nicht, ein vollständiges Bild der preussischen Politik jener Zeit kann sie doch nicht geben. Dazu gehört eben auch die gesummte Correspondenz des Departements der auswärtigen Affairen und nicht nur diese, sondern auch wohl die halbamtliche, ja vertrauliche Corre­spondenz der verschiedenen Minister, mehrerer Gesandten und Generale, ja selbst persönlicher Freunde des Königs. Dieser konnte sich aus naheliegenden Gründen doch nicht seihst mit der Aufwiegelung eines fremden Volkes gegen das an­gestammte Herrscherhaus befassen, aber er sah es nicht ungerne, wenn seine Organe dieses Geschäft gelegentlich besorgten; viele Zeichen weisen darauf hin, aus dem Jahre 1757 liegt sogar ein directer Auftrag an Plotlio, seinen Regens­burger Gesandten, in diesem Sinne vor. (P. C., XV, 171). Nach der Natur des Gegenstandes konnten gerade die hier zu untersuchenden Vorgänge nur zum geringeren Theile der amtlichen oder halbamtlichen Correspondenz anvertraut werden. Viele Aufträge in dieser Richtung dürften vorsichtshalber überhaupt nur mündlich gegeben und fortgepflanzt worden sein.1) Wenn dem aber so ist, so haben sie höchstens in Privatbriefen dritter und vierter Personen gelegentlich eine nicht mehr getreue schriftliche Fixierung erfahren und es ist sehr die Frage, was sich !) Graf Dohna, der preussische Gesandte in Wien, hütete sich 1743, an Major Babocsay und Rittmeister Halász, die er für den Dienst in Friedrich II. Armee gewinnen sollte, selbst zu schreiben, da sie sich in Bayern befanden „und die Klugheit gebietet, derartige Dinge nicht brieflich abzu- m achen“.

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