Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)
Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762
198 K i e n a s t. Im Haus-, Hof- und Staats-Archív hat sich leider weniger Material gefunden, als nach der Natur der Sache anzunehmen gewesen wäre. Werthvolle, wrenn auch sehr zerstreute Aufschlüsse erscheinen in den Gesandtschaftsberichten aus Berlin. Die kaiserlichen Gesandten klagen zwar wiederholt, dass am Berliner Hofe alles in undurchdringliches Geheimniss gehüllt werde und dass vom obersten Minister bis zum untersten Beamten von Niemanden etwas zu erfahren sei; indess haben sie sich doch in manchen Fällen eine ziemlich zutreffende Kunde von Vorgängen und Absichten zu verschaffen gewusst. Es ist natürlich, dass manche Angelegenheit in mehreren Berichten wiederkehrt; daraus, wie dies geschieht und aus den Ergebnissen der sonstigen Nachforschung war es möglich, die Meldungen aus Berlin annähernd sicher zu beurtheilen und zu verwerthen. Gewiss ist, dass der Eindruck unabwendbar wird, es sei König Friedrich II. viel besser über die Ziele Maria Theresia’s unterrichtet gewesen (auch über Dinge, die Max von Weingarten ihm wohl nicht verrathen konnte), als die Kaiserin-Königin über seine Absichten.’) Im Archive des k. k. Ministeriums des Innern hat sich nur wenig Ausbeute gefunden. Hier hat die Vernichtung auch die Original-Protocolle nicht verschont; die vorhandenen Protocolle sind erst in den letzten Jahren des zweiten Decenniums dieses Jahrhunderts entstanden und enthalten nur noch einen kleinen Theil des Inhaltes der ursprünglichen. Im königlich ungarischen Landes-Archiv zu Budapest fand sich ausser manchen sonstigen Notizen hauptsächlich das Material zum Aufstandsversuch im Jahre 1753, das übrigens Samuel Szeremley schon verwerthet hat. Auch in der Bibliothek des National-Museums in Budapest (wo sich 22 Familien-Arcliive hervorragender ungarischer Adelsgeschlechter als perpetuum depositum befinden) soll sich nach der Erklärung der Bibliotheks-Verwaltung kein Quellenmaterial für diesen Stoff erwarten lassen, das dem nothwendigen Aufwand an Zeit und Arbeit entsprechen würde. Der ungarische Forscher Colom an v. Thaly bestätigt dies. Von andern ungarischen Privat-Archiven konnte nur das Seniorats-Archiv der Familie Pálffy zu Pressburg eingesehen werden, ohne Erfolg. Vom Batthyány’ sehen Familien-Archiv in Körmend (Eisenburger Comitat) gab ein Kenner desselben ebenso geringe Hoffnungen. Trotzdem kann es nicht ausgeschlossen sein, dass noch in manchem Privat-, Stadt- oder Comitats-Archive Daten zu dem Stoff liegen, zu denen jetzt noch die Spur nicht zu erkennen ist. Wo der Zufall vielleicht sie an den Tag fördert, wird noch immer zu besorgen sein, dass diese Publicationen sich in irgend einem ungarisch geschriebenen Buche verlieren und der Forschung im weitern Sinne unbekannt bleiben. Von österreichischen Druckwerken neuerer Zeit kommt zuerst das grosse Werk Arneth’s über Maria Theresia in Betracht. Die Besprechung der vorliegenden Detailfragen lag nicht im Plane dieses Werkes, da die preussisch- *) *) Feldmarschall Graf Neipperg schreibt denn auch schon am 6. Mai 1741 aus Neisse an den Gemahl Maria Theresia’s: „Le Roi de Prasse saitles moindres particularités de Vienne; chaque régiment qui est commandé pour la Haute- Autriche et allieurs, il les sait nőm par nőm et autres particularités.“ (Original im K. A., Feld-Acten Schlesien 1741, V. 26, Postscriptum).