Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Neue Folge, 1889)

Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution im Beginn des Jahres 1792. Als Einleitung zur Schilderung der Kriege Oesterreichs gegen die französische Revolution. Mit Benützung der Vorstudien zu dem in Bearbeitung befindlichen historischen Werke über Erzherzog Carl von Oberstlieutenant M. E. von Angeli

46 Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution 1792. den auf, wo eher Hilfe zu erwarten war, als in der Nähe des Kriegsschauplatzes. Ohne Aufsicht und ärztlichen Rath fielen die Verwundeten da nicht selten unerfahrenen oder gewissenlosen Land-Chirurgen in die Hände, häufig aber kam es vor, dass ver­wundete Officiere die besten Chirurgen von der Truppe mit sich nahmen, wodurch wieder den Regimentern die nothwendigen Aerzte entzogen wurden. Auch auf dem Sanitätswesen lag der Alp der bureaukratischen Verwaltung und der damit verbundenen, nur allzu engherzigen Beurtheilung. Es bedurfte noch der Erfahrungen der ersten beiden Kriegsjahre gegen Frankreich, um wenigstens einen grossen Theil lästiger Beschränkungen zu beseitigen, und die Worte des Kaisers Franz II. wiesen den rechten Weg. »Eine Anstalt, die so wesent­lich auf Leben, Gesundheit und Erhaltung so vieler Tausende im Kriege schwer zu ersetzender, daher doppelt schätzbarer Menschen wirkt, muss weder auf die Existenz eines einzigen, so vielen Zu­fälligkeiten unterworfenen Mannes sich gründen, noch der Hab­sucht mehrerer, in Gesellschaften vereinigter Theilnehmer preis­gegeben werden. Die Heilung und Erhaltung des kranken oder blessirten Soldaten, besonders im Felde, muss immer als die Haupt-, — die Wirthschaft pro aerario aber als eine Nebensache angesehen werden. Es ist Pflicht, diese mit jener zu verbinden, nicht aber jene dieser unterzuordnen.« Lag ein wesentlicher Theil der Uebelstände des Sanitäts­wesens im Frieden in seiner administrativen Unselbstständigkeit und dem Fehlen einer eigentlichen Oberleitung, so functionirte der Dienst im Felde schwerfällig, weil wieder Alles in eine Hand gelegt war, die aber nicht über die Mittel verfügte, die bedeutende Aufgabe wirklich zu bewältigen. Auf dem Proto-Chirurgen lastete das ganze Gewicht der Bereitstellung des Sanitäts-Apparates, er war ohne die nothwendigsten Behelfe und meist nicht einmal von den Ab­sichten des Feldherrn ausreichend unterrichtet. So wurde es schwer möglich, für die Aufstellung der Feld-Spitäler die geeigneten Plätze schon im Voraus zu bestimmen und die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Die Standorte der Feld-Spitäler und Alles, was damit in Verbindung stand, musste sonach meist ohne vorausgegangene Recognoscirung erst im letzten Augenblicke festgesetzt werden, so

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