Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Neue Folge, 1889)

Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution im Beginn des Jahres 1792. Als Einleitung zur Schilderung der Kriege Oesterreichs gegen die französische Revolution. Mit Benützung der Vorstudien zu dem in Bearbeitung befindlichen historischen Werke über Erzherzog Carl von Oberstlieutenant M. E. von Angeli

Die Frage: ob es vortheilhafter sei, das gesammte Geschütz vereint dem Feldherrn zur Disposition zu stellen oder einen Theil desselben den Truppen zu übergeben, wurde eben zu Beginn des französischen Revolutionskrieges lebhaft discutirt. Ward _ einer­seits angeführt, dass die mit Geschütz versehenen Bataillone eine weit grössere Selbstständigkeit besässen und in vielen Fällen mit mehr Entschiedenheit ins Gefecht eingreifen könnten, so war der Einwurf nicht minder begründet, dass das System der Linien- Geschütze die artilleristische Kraft zersplittere und die Verwendung der Geschütze der Willkür jedes einzelnen Bataillons-Commandanten überlasse. Ausserdem kamen gewiss auch sehr oft Fälle vor, wo die Geschütze den Bewegungen der Infanterie nicht folgen konnten oder dieselben erheblich verzögerten, so dass auch der Vorth eil grösserer taktischer Selbstständigkeit verloren ging. Aus diesen Anschauungen erklärt es sich wohl, dass die Dotation der Truppen mit Linien-Geschütz einem beständigen Schwanken unterworfen war, welches umso fühlbarer wurde, je mehr einzelne Erfahrungen während der fast ununterbrochenen Reihe von Feldzügen die eine oder die andere der herrschenden Ansichten mehr zur Geltung brachten. Gewöhnlich war die Stärke des Linien-Geschützes beim Gegner massgebend für die Vertheilung des eigenen. So hatte während des siebenjährigen Krieges jedes Bataillon nur zwei der dreipfündigen Kanonen, weil auch die Preussen ähnlich ausgerüstet waren. Aus gleichem Anlasse wurden dagegen im bayrischen Erbfolgekriege 1778—1779 jedem Bataillon zwei dreipfündige, eine sechspfündige und eine zwölfpfündige Kanone oder statt letzterer eine siebenpfündige Haubitze zugetheilt, während man im Verlaufe der französischen Kriege diese Dotation wieder restringirte, weil die Franzosen das Linien-Geschütz ganz abge­schafft und nur den leichten Bataillonen eine vierpfündige Kanone belassen hatten. Für jedes Geschütz wurden 8 Schritt Frontbreite gerechnet, die Protzen standen 10, die Munitionskarren 30 Schritte hinter ihren Geschützen. Hinsichtlich der Vertheilung der Geschütze in die Front befolgte man den Grundsatz, dass nie ein Geschütz allein stehen dürfe, theils um ein wirksames Feuer zu unterhalten, theils um zu hindern, dass im Falle des Unbrauchbarwerdens eines Ge-

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