Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Neue Folge, 1889)

Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution im Beginn des Jahres 1792. Als Einleitung zur Schilderung der Kriege Oesterreichs gegen die französische Revolution. Mit Benützung der Vorstudien zu dem in Bearbeitung befindlichen historischen Werke über Erzherzog Carl von Oberstlieutenant M. E. von Angeli

90 Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution 1792. die Hauptsache. Vorfeuern wurde mit den strengsten Strafen belegt; wer ohne Commando das Gewehr abschoss, sei es in der Front oder in der Plänklerkette, war sofort niederzumachen, und »es sollte auch zu keiner Entschuldigung dienen, wenngleich der Nebenstehende zu feuern anfinge, weil die Contenance nicht zu verlieren ist«. Diesen Principien entsprach denn auch die Aus­bildung des einzelnen Soldaten sowohl als auch jene der Ab­theilungen; Umständlichkeit und geringe Rücksicht auf die An­forderungen des Krieges bildeten den Grundzug. Dies spricht sich schon klar in den zwei Normal-Aufstellungen aus: die Stellung en parade mit allen drei Bataillonen dreigliedrig in einer Linie, das Linien-, eventuell auch das Reserve-Geschütz in den Compagnie-Intervallen, die Officiere, Fahnen und Spielleute vor der Front und die Stellung­en ordre de bataille, wo diese Individuen hinter der Front standen. Erstere war jedoch die eigentliche Normalstellung; man verhess sie nur, wenn die Evolutionen dies nothwendig machten, um hier auf unverweilt wieder zu ihr zurückzukehren. Nicht minder cha­rakteristisch ist jene Bestimmung des Reglements, wonach die einzelnen Gewehrgriffe nicht auf die letzte Silbe des Commando- wortes ausgeführt werden durften, sondern erst nachdem man »hurtig bis 10« gezählt hatte. Dasselbe Zeitintervall musste auch zwischen jedem einzelnen »Tempo« eingehalten werden und fand eine Ausnahme nur hinsichtlich des Commandowortes »Feuer« statt. Im Uebrigen wurden auch die sämmtlichen Gewehrgriffe der Reihe nach ganz ohne Commando, nur auf das Zeichen des Flügel­mannes, ausgeführt. Was für eine ausserordentliche Drillung dies voraussetzte, lässt sich leicht ermessen, wenn man beachtet, dass das Laden allein in 15 Tempi und 19 Griffen auszuführen war. Der Marsch geschah in langsamem, gemessenem Takte, ungefähr 60 Schritte in der Minute, nur bei Aufmärschen und beim Chargiren im Vorrücken kamen noch der »stärkere« und der »Doublir-Schritt« als raschere Gangarten, dann der verkürzte Chargir-Schritt vor. Als eine besondere Abart der Bewegung ist der »Marsch im obliquen Schritt« zu erwähnen, wobei ohne Wen­dung des Körpers, bloss durch schräges Versetzen derFüsse, unter einem Winkel von 45, parallel zur Front seit- und vorwärts marschirt wurde.

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