Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 1. (Neue Folge, 1887)

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. Eine Selbstbiographie

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. 7 Es zeigte sich sogleich Unternehmungsgeist. Die Armee gewann das verlorene Selbstvertrauen wieder, obgleich bei der damaligen Beschaffenheit der Taktik die tapferen Thaten vereinzelt blieben. Das Ziel des Feldzuges schnell und mit grossen Schlägen zu eiTeichen, Hess diese Taktik nicht zu. Die Hauptaufgabe der Infanterie war das Linienfeuer, das sie an eine defensive Haltung band. Stand sie nicht in ausgedehnter Linie, was gewöhnlich der Fall war — und man meinte dadurch dem feindlichen Vorgehen am besten zu begegnen — so formirte man sie, weil die Spahis gewaltigen Respect einflössten, in grosse, unbehilfliche Carrés, zwischen denen sich die Cavallerie als Reserve postirte. Zu mehrerer Sicherheit trug man spanische Reiter mit sich und stellte sie vor den Carrés auf, wodurch aber jede Bewe­gung im Angesichte des Feindes unausführbar wurde. Die Artillerie war mit einem Stück Geschütz (Dreipfünder) per Bataillon eingetheilt. Die Sechspfünder, sowie einige Zwölf- pfünder, wurden als Positionsbatterien in Reserve gehalten. Die Märsche der Colonnen waren höchst schwerfällig, weil sie sich auf die Möglichkeit einer schnellen Carréformirung gründeten. Die Vorbereitungen zum Marschiren waren selbst in offenen Gegenden zahllos. Das Resultat des Feldzuges beschränkte sich auf die Erobe­rung Belgrads. Der Friede kam bald darauf zu Stande. Kaiser Josef starb und Leopold II. folgte ihm. Bald wurde die Armee wieder in grosse Thätigkeit gesetzt. Die französische Revolution brach aus und mit ihr jene Reihe denkwürdiger Kriege, die erst nach mehr als zwanzig Jahren enden sollten. Das Regiment, in dem ich diente, damals schon Erzherzog Franz ^-Kürassiere geheissen, ward nach vielen Hin- und Hermärschen zum Trier’sehen, dann zum Schrüder’schen Corps nach Luxemburg bestimmt. In der Armee zeigte sich ein vortrefflicher Geist. Jeder Ein­zelne suchte sich durch tapfere, oft tollkühne Handlungen hervorzu- thun. Diese wahre Ritterlichkeit, die sich allenthalben kund gab, ') Franz Josef von Este, Herzog von Modena.

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