Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)

Über den Gebirsgskrieg (Aus den "Mémoires" des k. k. Kriegs-Archivs) Geschrieben im Jahre 1800 von Generalstabs-Hauptmann (späteren General-Major) Johann Mayer Edler von Heldensfeld

Über den Gebirgskrieg. 75 der Tradition seiner Vorfahren der fragliche Weg noch nie von Fuhr­werken oder Pferden benützt wurde und weil die Existenz von mili­tärischen Hilfsmitteln zur Bewältigung der verschiedenen Hindernisse gänzlich ausserhalb seiner Begriffs-Sphäre liegt. Überlegt der Commandant eines Truppenkörpers im Gebirge diese Mängel und die Unverlässlichkeit der Hilfsmittel, um sich genaue Kenntniss eines Gebirgslandes zu verschaffen; besitzt er Liebe zu seinem Stande und will er seinen durch eine lange Beihe von Jahren etwa erworbenen Ruhm nicht auf das Spiel setzen, so muss in ihm ein absolutes Misstrauen gegen alle einlaufenden Nachrichten und Angaben entstehen, und gerade dieses Misstrauen wird und muss eine rastlose Thätigkeit zur Folge haben, welche allein im Stande ist, ihn in kritischen Lagen zu beruhigen, mögen die Thatsachen in den Rapporten seiner Untergebenen auch noch so widersprechend und noch so gefahrvoll geschildert erscheinen. Vor Allem hat sich daher der Truppen-Commandant in einem Gebirgslande durch die best vorhandene Karte eine allgemeine Über­sicht dieses Landes und der angrenzenden Gebiete zu verschaffen; er hat sich von der Absicht und von dem Zusammenhänge der Operationen vollkommen zu unterrichten und muss schon im Voraus auf die suc­cessive Verbindung mit den rechts und links seiner Heeresmacht operirenden Corps bedacht sein. Zur leichteren Übersicht wird er sich ein Skelet des Landes entwerfen, in dasselbe sind die Gewässer, die Hauptstrassen, die Wege, die Kreuzungen und Verbindungen derselben, die Lage der Haupt­orte, die Communicationen der angrenzenden Länder und die Distanzen von verschiedenen Punkten der Grenze zum Mittelpunkte des Landes aufzunehmen. Der Nutzen eines solchen Skelets, welches der Commandant stets vor Augen haben muss, ist jedem denkenden Krieger ein­leuchtend. Mittelst einer solchen Übersicht wird der Commandant die wich­tigsten Terrain-Abschnitte, sowohl für die Offensive als Defensive, sofort erkennen und sich zu deren Wahl und für die Mittel zur Erreichung seines Endzieles bald entschieden haben. Die verschiedenen Vor- und Nachtheile der Kriegführung in Gebirgsländern sind theils durch die Schriftsteller, welche bereits diesen Gegenstand behandelt haben, theils durch eigene Erfahrung jedem Soldaten bekannt. Manche dieser Autoren gaben sich ausserordent­liche Mühe, jedes Detail, jedes Spiel der Natur hervorzusuchen, für jeden Punkt, jeden Gegenstand, ihre militärischen Kenntnisse zu erschöpfen, über die Verschanzungs- und Angriffsart dieser Objecte ganze Werke zu schreiben und über die zweckmässige Aufstellung und Vertlieilung der Piquets, Vedetten und ihren Soutiens soviel auf

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