Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)

Über den Gebirsgskrieg (Aus den "Mémoires" des k. k. Kriegs-Archivs) Geschrieben im Jahre 1800 von Generalstabs-Hauptmann (späteren General-Major) Johann Mayer Edler von Heldensfeld

74 Über den Gebirgskrieg. seine Hauptabsicht zu erreichen, wenn er selbst von seiner Operations­linie abgedrängt würde. Ferner unterliegt in der Ebene die Anord­nung der Märsche weniger Schwierigkeiten, man erfährt eher die Bewegungen des Feindes und entwirft hiernach die zweckmässige Aufstellung der Kräfte, um rechtzeitig jedem bedrohten Punkte zu Hilfe eilen zu können. Schliesslich wird man in ebenen Ländern äusserst selten um die Verpflegung der Truppen und um die Zufuhr der verschiedenen Bedürfnisse besorgt sein müssen. Alle diese Vortheile der ebenen Gegenden sind in Gebirgsländern entweder gar nicht, oder nur in sehr geringem Grade vorhanden. Zur Kriegführung im Gebirge ist vor Allem eine detaillirte Kenntniss des Landes unumgänglich nothwendig; diese kann aber nur mit grosser Mühe und vielen Beschwerden erworben werden, was hingegen in der Ebene durch geringe Anstrengung und durch die stets vorhandenen Mittel leicht zu erreichen ist. Man findet keine Karte, in welcher das Gebirge mit all’ seinen Schluchten, seinen steilen und sanften Abhängen seinen Fusssteigen und Schleichwegen genau entworfen ist; Ursache hievon ist nicht nur der kleine Massstab, welcher diese Detail-Auf­nahme nicht gestattet, sondern es liegt auch oft die Schuld in der Bequemlichkeit oder in dem geringen militärischen Überblicke des Mappeurs, der meist nicht zu unterscheiden vermag, welche Gebirgs- partien und welche Verbindungen mehr oder weniger Einfluss auf Kriegsoperationen haben können. Ferner erhält man im Gebirge durch Zuziehung landeskundiger Leute als: Förster, Hirten, Metzger, Hausirer u. s. w. meist nur eine unverlässliche Hilfe; denn diese Leute verschweigen oft Wege oder Fusssteige, die in militärischer Beziehung von grösster Wichtigkeit sind, aus Faulheit, aus Angst, einen beschwerlichen Botengang machen zu müssen oder um die Soldaten von ihrem Eigenthume zu entfernen, oder auch, weil sie eine Communication für Truppen als zu mühsam halten und weil sich diese Gebirgsbewohner nicht in die Absicht, warum der eine oder andere Weg von Heeres-Abtheilungen einzu­schlagen wäre, hineindenken können. Ebenso unverlässlich geben diese Leute Ortsentfernungen an und beantworten oft die Frage, ob man auf einem gewissen Gebirgswege mit Pferden und Wagen fortkommen kann, sobald sie diesen noch nie gesehen -— entschieden mit: unmöglich. Beides ist diesen Leuten verzeihlich, denn, von Jugend auf an das Bergsteigen und Klettern gewöhnt, hinterlegen sie in zwei Stunden eine Entfernung, wozu der Soldat vier und im Verhältnisse zur Grösse der marschirenden Abtheilung auch sechs, oft acht Stunden benöthigt. Ebenso erklärt der Gebirgsbewohner einen Weg für Fuhrwerke und Pferde als unpassirbar, weil nach seiner eigenen Erfahrung und nach

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