Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)

Major von Angeli: Des kaiserlichen Feldmarschalls Grafen Veterani Heldentod bei Lugos (Feldzug 1695 gegen die Türken)

Des kaiserlichen Feldmarschalls Grafen Veterani Heldentod bei Lugos. 51 Durch das unverantwortliche Zögern des Armee-Commando’s war jedoch eine kostbare, unersetzliche Zeit verloren gegangen; die Türken warfen sich mit überlegenen Kräften auf Lippa und nahmen diesen Ort, dessen schwache Besatzung auf einer unverhältnissmässig grossen Vertheidigungsfront versplittert war, im ersten Anlaufe. Durch dieses unglückliche Ereigniss, dem doch leicht hätte vor­gebeugt werden können, hatte sich die Situation der Kaiserlichen wesentlich verschlimmert. Wenn auch für Ober-Ungarn keine ausgesprochene Gefahr bestand, da es der Grossherr nicht wagen durfte, angesichts der kaiserlichen Armee dahin vorzudringen, anderseits auch anzunehmen war, dass die Türken, mit Rücksicht auf die vorgerückte Jahreszeit, keine Operation unternehmen würden, die sie so weit von der Donau entfernte; so war umsomehr für Siebenbürgen und das Veteranische Corps zu besorgen, welch’ letzteres nun dem vernichtenden Stosse der ganzen feindlichen Hauptmacht preisgegeben war. Nur die schnellste Vorwärtsbewegung der kaiserlichen Haupt­armee konnte es hindern, dass der Feind einen solchen Vorsprung gewann, der ihm erlaubte, diese Vortheile auszunützen. Trotz'aller dieser zur Eile mahnenden Gründe hielt die Armee am 14. September einen Rasttag und rückte am 15. nur kaum eine Stunde weit r vor, so dass sie in den sechs Tagen seit ihrem Auf­bruche von O-Kanizsa kaum 60km Raum gewonnen hatte. Es schien jedoch, als wolle das Kriegsglück die kaiserliche Armee trotz aller begangenen Fehler ausnehmend begünstigen, denn ganz uuerwartet hot sich dem Churfürsten die Gelegenheit, alle Miss­griffe seit Beginn der Operation wett zu machen und dem Feldzuge die günstigste Wendung zu gehen. Kaum erst wenige Tage im Besitze Lippa’s, verbreitete sich im türkischen Lager die Nachricht von dem Anmarsche des kaiserlichen Heeres. Der Grossherr, welcher unmöglich ahnen konnte, welch’ eigenthümliche Verhältnisse seinen Gegner nicht von der Stelle kommen Hessen, war auf s Äusserste ergrimmt gegen den Grossvezier, dass er ihn zwischen zwei feindliche Armeen geführt habe und hielt seine Stellung für so sehr gefährdet, dass er in der Nacht vom 13. zum 14. September in überstürzter Eile gegen Temesvár zurückging, nach­dem er einen grossen Theil seines Trains bei Lippa in Brand gesteckt hatte. Nun war der Weg für die kaiserliche Armee wieder frei; es handelte sich um nichts, als durch ein stetiges Vorrücken den Feind in seiner Meinung zu bestärken und ihn dadurch von allen weiteren Offensiv-Operationen abzuhalten. Dass Feldmarschall Veterani nicht säumen würde, die Vortheile seiner Stellung in der Flanke des wei­chenden Feindes kräftigst auszunützen, war zu erwarten und hiemit 4*

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