Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)
Major Wiener: Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr. Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763-1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreichs gegen die französische Revolution (Schluss)
88 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. Während eine Schaar Aufständischer sich Santvliets, der als Befestigungen aufgelassenen Forts Lillo und Liefkenskrek (Liefkenshoek), dann einer armirten Brigg auf der Schelde bemächtigten und dabei in Lillo eine Casse mit 11 Millionen Gulden Wegnahmen, liess van der Mersch seine einige Tausend Mann zählende Hauptmacht in zwei Colon- nen auf Hogestraeten (Hoogstraat) in der Campine vorrücken. Das baldige Wiederaufgeben der obenerwähnten Punkte, dann der mangelhafte Zustand der Aufständischen überhaupt flösste dem General d’Alton wenig Besorgnisse ein; er sprach nur mit souveräner Verachtung von den „misérables hordes de pauvres heres“. Seine Absicht war, die Sache mit einem glänzenden Schlage zu beenden, den Gegner ungehindert in das Land einrücken zu lassen und dann von allen Seiten mit Übermacht über ihn herzufallen. Der Sieg konnte nicht zweifelhaft erscheinen, er war aber auch zweifellos dringend noth wendig; denn ein Echec der Regierungstruppen musste den Aufstand allgemein machen, die Regimenter demoralisiren und das letzte Ansehen der Regierung vernichten. Nachdem am 25. October dem Corps der Rebellen ein von van der Noot verfasstes Manifest des Brabanter Volkes vorgelesen worden war, welches den Kaiser seiner Souveränitäts-Rechte auf das Herzogthum entsetzt erklärte, rückte das Corps nach Turnhout, mit der Absicht, am kommenden Tage den Marsch auf Diest fortzusetzen. Der General d’Alton verfügte über nachstehende Truppen: Infanterie-Regiment Clerfayt zu Gent und Antwerpen; Infanterie- Regiment L i g n e zu Brüssel und Löwen; Infanterie-Regiment M u r r a y zu Namur, Mons und Ath; Infanterie-Regiment Vierset zu Brügge, Tournay und Ostende; Infanterie-Regiment Württemberg zu Luxemburg; Grenadier-Bataillone Vanier und Reyniac zu Brüssel1); ferner das Arber g’sche Dragoner-Regiment mit dem grösseren Theile gleichfalls in der Landes-Hauptstadt. Als die Ereignisse eine ernste Wendung nahmen, befahl der Kaiser, ausser Stande, Verstärkungen aus der Monarchie ahzusenden, dass das im Breisgau stehende Infanterie-Regiment Bender dem commandirenden General der Niederlande zur Verfügung gestellt werde. Uber Drängen des Ministers Trauttmansdorff erhielt das Regiment Anfangs August 1789 die Marschordre nach Luxemburg, wo es die Feldartillerie an sich zu ziehen hatte. Der Kaiser hatte ferner die Errichtung einer vierten Division heim Arberg’schen Dragoner-Regi- mente, die Standeserhöhung bei der Infanterie, sowie die Verprovian- *) *) Dislocation im April 1788. Kriegs-Archiv 1788, IV, 2. Über die Vertheilung der Truppen zu Anfang October 1789 ist kein actenmässiger Beleg vorhanden.