Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Major Wiener: Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr. Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763-1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreichs gegen die französische Revolution (Schluss)

IX. Dei' Revolutionskrieg in Belgien (1787—1790). 89 tirung und Ausrüstung der Festung Luxemburg und des Castells zu Antwerpen angeordnet. Die gesammten Truppen zählten laut der Standes- und Dienst-Tabelle Ende November 1789: 18 Bataillone und 4 Divisionen Cavallerie mit einem dienstbaren Stande von 13.100 Mann Fusstruppen und 1049 Reiter. Eine von dAlton im letzten Augenblick beantragte Errichtung eines Feldjäger-, Poutonnier- und Pionnier-Corps wurde abgelebnt. Durch Spenden zahlreicher Beneficien an Officiere und Mannschaft gab der Kaiser den niederländischen Regimentern Beweise seiner Aner­kennung ihres bisherigen Verhaltens und suchte den Geist der Truppen zu heben. Der Ankauf der zur Fortschaffung der Artillerie und Bagage­wagen nothwendigen Pferde wurde noch verschoben, um Aufsehen zu vermeiden; eine Unterlassung, welche sehr verderbliche Folgen hatte. In das zu Aufständen geneigte Tirlemont und Diest wurden Theile des Regimentes Clerfayt von Gent verlegt. Zur Durchstreifung des flachen Landes und der Grenzgegenden und um die Garnisonen der Städte möglichst intact zu erhalten, liess der commandirende General in jeder Garnison ein fliegendes Detachement aus Infanterie und Cavallerie oder berittener Gendarmerie zusammensetzen. Kaiser Josef schenkte den Angelegenheiten der Niederlande seine ununterbrochene Aufmerksamkeit, so sehr dieselbe auch nach anderen Seiten hin in Anspruch genommen war. Aber er musste—wie erwähnt — weit entfernt vom Schauplatze der Handlung, sich im Allgemeinen ganz auf die beiden Persönlichkeiten verlassen, in deren Hände er vertrauensvoll die Leitung der politischen und militärischen Geschäfte gelegt hatte. Denn, wie es in dem kaiserlichen Schreiben an d’Alton, ddo. Laxen­burg vom 23. August 1789 ') lautet: .................„unterdessen kann man in der Entfernung das nicht allemal thun lassen, wras man selbst thäte, wenn man an Ort und Stelle wäre, sondern man muss sich zum Theil nach den Begriffen und der Denkungsart der Personen richten, denen die Direction und Ausführung aufgetragen ist, sonst entsteht ein Chaos von halb verstandenen Ideen, von Befehlen, die mit zu viel oder zu wenig Ausdehnung vollzogen werden....................“ In seinen militärischen Anordnungen beschränkte sich der Kaiser darauf, die Concentrirung der Truppen an den Hauptplätzen der Pro­vinzen zu empfehlen und vor den Nachtheilen ihrer Zerstreuung über das ganze Land zu warnen. Die ihm vorgeschlagene Bewaffnung der Bürger der kleinen Städte, welche ohne militärische Bedeutung und ohne Garnison waren, gab der Kaiser absolut nicht zu, weil er sich von ihren Leistungen als Soldaten wenig versprach, aber sie als Rebellen, was sie bei erster Gelegenheit werden würden, für gefährlich hielt* 2). 4) „Briefwechsel zwischen Josef II. und dem General von Alton.“ Leipzig 1791. 2) Schreiben Josef’s an d’Alton ddo. 20. September 1789.

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