Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Major Wiener: Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr. Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763-1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreichs gegen die französische Revolution (Schluss)

84 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. gesinnt, zu jenen Elementen, welche während dieser Bewegung in Belgien, immer mehr die ursprüngliche Opposition verdrängend, die Ideen der französischen Umsturzmänner vertraten. Der Minister Graf Trauttmansdorff war jedoch nicht der Mann, um mit Festigkeit und Consequenz auf dem eingeschlagenen Wege der Strenge zu beharren. Er hielt die Anwendung von Gewalt sehr bald für gefährlich und erbat beim Kaiser die Abberufung des General d’Alton, als „die vorzüglichste Ursache der gegenwärtigen und künf­tigen Übel“. Durch diplomatisches Einlenken und Nachgeben war es dem Minister bisher gelungen, die Subsidien zu erhalten; aber gegen Ende des Jahres 1788 verweigerte in der General-Versammlung der Brabanter Stände der dritte Stand tumultuarisch die Subsidien. Die Provinz Hennegau folgte. Der Kaiser unterdrückte nunmehr mit einem Erlass (30. Januar) die Repräsentation der Provinz Hennegau und hob alle Rechte und Freiheiten derselben auf. Er verbot dem General- Gouvernement die fernere Berufung der Stände von Brüssel und Hennegau und erklärte, dass, nachdem die Stände von Brabant und Hennegau das Band, das sie an ihren Fürsten knüpfte, eigenmächtig zerissen hätten, auch er sich aller Verpflichtungen durch die Inaugurations-Pacte für entledigt erachte (7. Januar 1789). Die drohende Sprache und Haltung der Regierung wirkte einschüchternd und die Brabanter Stände unter­warfen sich in scheinbarer Demuth. General d’Alton hatte in seinen Berichten wiederholt die Er­folge des Systems der Strenge hervorgehoben, dem Kaiser die Fort­setzung desselben empfohlen und die Unterwerfung der aufständischen Provinzen sodann als sicher und leicht hingestellt. Die Unterwerfung der Brabanter Stände schien für die Richtigkeit der Anschauung des Generals zu sprechen, der nunmehr den Zeitpunkt gekommen glaubte, dem Lande eine neue Verfassung zu octroyiren. Durch den ausgebrochenen Türkenkrieg ganz in Anspruch genommen, musste sich Kaiser Josef nach einer baldigen Beendigung der niederländischen Verwickelungen umsomehr sehnen, als mit der Dauer das Übel nur vergrössert wurde. Er lehnte die begehrte Ab­berufung des General d’Alton entschieden ab, schenkte demselben viel­mehr sein ganzes Vertrauen und setzte alle Hoffnungen auf die Energie desselben. Am 18. Juni 1788 erging seitens der Regierung ein Edict, mit welchem alle Privilegien der Provinz Brabant aufgehoben, die Joyeuse Entrée für nichtig erklärt und der souveräne Rath von Brabant cassirt *) *) Bericht d’Alton’s an den Kaiser, 6. Juli 1789. „Memoires pour servir k la justi­fication de feue SonExcellenee le General Comte d’Alton etc. “ (verfasst von Mr. Jaubert).

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