Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)
Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740
Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. 43 Der Einmarsch der königlich preussischen Truppen in Schlesien1). Am 16. December überschritt das bei Crossen concentrirt gewesene preussische Corps, unter dem Befehle des Feldmarschalls Graf Schwerin, die Grenze Schlesiens. Die Truppen rückten zuerst bei dem Dorfe Läsgen in der Nordwestecke des Grüneberger Kreises, bald auch in den Freistädter Kreis ein. Die Stärke des zuerst einmarschirten Corps wird verschieden angegeben. Sie dürfte nicht mehr als 20.000 Mann mit etwa 28 Geschützen betragen haben * 2 3 * * * *). Nach dem Überschreiten der Grenze wurde das folgende „Patent“ verbreitet: „Patent8), Wegen Des Ein-Marches Sr. Königl. Maiestät in Preussen Trouppen in das Hertzogthumb Schlesien. Wir Friedrich von Gottes Gnaden König in Preussen etc. etc. entbieten denen sämmtlichen Einwohnern des Herzogthiuns Schlesien, und dessen incorporierter Fürstenthümer und Landen, wess Standes und Würden sie sein, Unsern gnädigen Gruss und geneigten Willen zuvor. Demnach es dem Allerhöchsten gefallen weiland Se. Kaiserl. Majestät aus dieser Zeitlichkeit abzufordern und dadurch das Reich sowohl, als das Durclil. Erzhaus Oesterreich seines Oberhaupts zu berauben, mithin letzteres wegen der an desselben Succession bei nunmehro gänzlicher Erlöschung des Mannsstammes geschehenen Ansprüche vielen gefährlichen Weiterungen zu exponieren, welche sich zum Theil schon geäussert, theils auch in voller Flamme auszubrechen im Begriff zu sein scheinen, solches aber unter andern das Herzogthum Schlesien, an dessen Conservation und Wohlstände Wir bishero um so viel mehr Theil genommen, dass selbiges Uns und Unseren Reichslanden zur Sicherheit und Vormauer dienen muss, leicht mit ergreifen, und von denjenigen, so an die Erblande des Hauses Oesterreich einige Prätension zu haben vermeinen, darin zu Unserm und Unserer an*) Die folgenden ganz kurzen Daten sind den preussischen Kriegsberichten der beiden schlesischen Kriege (Beiheft zum „Militär-Wochenblatt“ 1870) und theil- weise der neuesten Publication: „Geschichte des ersten schlesischen Krieges nach archivalischen Quellen von Dr. C. Grünhagen, I. Band, Gotha 1881“, entnommen. Die hier vorhandenen Actenstücke aus dem Jahre 1740 geben, da die Acten der Feldkanzleien, wie bereits erwähnt, nicht mehr existiren, über die preussischen Bewegungen im Monate December gar keine Anhaltspunkte. 2) Droysen (Geschichte der preussischen Politik) V, 1, Seite 1G4, beziffert dieselbe auf 15.800 Mann Fussvolk, 5800 Mann Cavallerie. Grünhagen, I, Seite 152, mit 14.000 Mann Fussvolk und etwa 5000 Reiter. Die Angabe der Geschützzahl nach „Archiv für die Officiere des königl. preussischen Artillerie- und Ingenieur- Corps“. 3. Jahrgang, 5. Band, Seite 182. 3) Copien im Kriegs-Archive, Österreichischer Erbfolgekrieg 1740; XII, 1 c, im Archive des k. k. Ministeriums des Innern ad VII, Nr. 1 v. J. 1741, Schlesien. Abgedruckt in „Preussische Staatsschriften“, I. Band, Seite 69. Über die Verfassung des Patentes und dessen Datirung siehe die einleitende Bemerkung ebendaselbst Seite 67.