Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)

Major Edlen von Angeli: 1812. Die Theilnahme des k. k. österreichischen Auxiliar-Corps unter Commando des G. d. C. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwareznberg im Feldzuge Napoleon I. gegen Russland

unter Commando d. Fürsten Schwarzenberg im Feldzuge Napoleon!, gegen Russland 5 war. Überdies befand sich Frankreich, oder besser gesagt sein Herrscher, durch seinen Reichthum in der Hage, finanziell jedem anderen Staate Trotz bieten zu können. In weit ungünstigerer Situation musste Russland den kommenden Ereignissen entgegensehen. Seit 1807 durch seine Expansions-Politik eine Gefahr für alle seine Nachbarn, ohnmächtig gegen Frankreich, ohne Geld und des Zusammenhaltes im Innern entbehrend, konnte es nur Hilfe beanspruchen, ohne selbst einer ausgiebigen Gegenleistung fähig zu sein. Bisher alle seine Eroberungen auf Unkosten Österreichs, dessen Freunden oder Bundesgenossen machend, stand es nun zum ersten Male sich selbst überlassen vor einem grossen Kriege. Während es zweimal in den letzten Kriegen seine Alliirten rücksichtslos ihrem Schicksale überliess, hatte es nun seine eigenen Grenzen zu ver- theidigen, vor denen es bisher Österreich und Preussen als seine Schutzwachen zu sehen sich gewöhnt hatte. Aus dieser gedrängten Zusammenstellung der politischen Situation Europa’s ergibt sich von selbst die schwierige Lage, in der sich Österreich befand, als die Ereignisse noch im Laufe des Jahres 1811 zur Entscheidung drängten. Für Kaiser Franz handelte es sich darum, ungeachtet der schweren Schädigung durch den Wiener Frieden, eine Wahl zu treffen über die Haltung, welche mit Rücksicht auf die Existenz des Staates, bei dem voraussichtlichen Kriege Frankreichs mit Russland eingenommen werden musste. In dieser Beziehung boten sieb dem Kaiser drei Möglichkeiten: Ein Zusammengehen mit Russland, — eine Verbindung mit Frank­reich, — oder die Neutralität. Ersteres war, mit Rücksicht auf die Machtverhältnisse der beiden Kaiserreiche, am wenigsten zu empfehlen. Die österreichische Streit­kraft war durch den geheimen Artikel des Wiener Friedens gelähmt; um demselben gerecht zu werden, ohne die Armee ganz zu desor- ganisiren, war die Reduction, unter Beibehaltung aller Cadres, durch entsprechende Entlassung der Mannschaft durchgeführt worden; die Einberufung war bei der unausgesetzten Spionage, wollte man sich nicht allen Consequenzen eines vorzeitigen Friedensbruches aussetzen, erst im letzten Stadium möglich; der Feind konnte daher in der Reichs­hauptstadt stehen und Galizien von dem Grossherzogthume Warschau aus insurgirt sein, bevor 70.000 Mann kaiserlicher Truppen in irgend einer rückwärtigen Stellung schlagfertig concentrirt werden konnten. Zudem blickte man mit gerechtfertigtem Misstrauen auf Russland als eventuellen Alliirten, denn es hatten insbesondere die letzten Kriege zur Genüge gezeigt, welche Hilfe man von ihm im gegebenen Falle zu gewärtigen habe. Russland, um die Zukunft besorgt, hatte allerdings bereits Schritte gethan, sich Österreich zu nähern. Obwohl noch im Allianzverhältnisse

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