Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)

Major Edlen von Angeli: 1812. Die Theilnahme des k. k. österreichischen Auxiliar-Corps unter Commando des G. d. C. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwareznberg im Feldzuge Napoleon I. gegen Russland

nahenden Sturmes offenbarten. Vermehrt wurde der Ernst der Lage noch durch die allgemeine politische Constellation, welche es ausser­ordentlich schwierig machte, Stützpunkte für das Verhalten bei künftigen Complicationen zu finden. Gleichwohl aber erheischte es die Staatsraison, schon jetzt die inneren Mittel des Staates mit der äusseren politischen Lage in Combination zu bringen, um von den Ereignissen nicht überrascht zu werden. Das Resultat war ein wenig ermuthigendes *). Die Bundesstaaten (Rheinbund), wo die Privatrücksichten der Fürsten massgebend waren, bildeten ein willenloses Werkzeug in der Hand Napoleon’s; an eine allgemeine oder auch nur partielle Coalition gegen Frankreich konnte unter den obwaltenden Umständen nicht gedacht werden. England befand sich durch die Rückwirkung der continentalen Ereignisse in einer kritischen Lage. Seine Subsidien, welche in den früheren Kriegen eine so bedeutende Rolle gespielt hatten, konnten voraussichtlich bei einem nächsten Conflicte auf dem Continente nur gering sein, abgesehen von der ausserordentlichen Schwierigkeit ihrer Überbringung auf das Festland. Preussen war zu Beginn des Jahres 1811 kaum mehr unter die Reihe der Mächte zu rechnen und befand sich in der hoffnungs­losen Lage, seine wahrscheinliche Auflösung besorgen zu müssen, welche Partei auch immer es ergreifen mochte 2). Dänemark stand auf der Seite der deutschen Confederation und hielt sich Frankreich gegenüber streng neutral; ebenso auch Schweden, welches jedoch seine fernere Haltung von den Rück­sichten auf eine mögliche Gebietsvergrösserung abhängig machte. Es war schwer zu bestimmen, wie es sich im Momente des Ausbruches eines Krieges zwischen Frankreich und Russland verhalten werde, da ihm, im Falle ersteres siegte, Finnland, anderseits aber Norwegen als Kriegsbeute winkte. Für Österreich lag es ausserhalb jedes Calciils. Von der Türkei, die sich im Kriege mit Russland befand, liess sich voraussetzen, dass sie in dem Ausbruche eines russisch-französi­schen Krieges Anlass zu einem desto nachhaltigeren Ausharren finden werde, um von Russland bessere Friedensbedingungen zu erhalten. Was nun die beiden Gegner betraf, so war Frankreich, ob­wohl durchaus nicht mit seiner Lage zufrieden, eben so sehr durch die fascinirende Gewalt seines Herrschers, als durch das Bewusstsein zusammengehalten, dass das Abtreten Napoleons vom Schauplatze zu­gleich auch das Signal zu einer verhängnissvollen allgemeinen Um­wälzung sein würde. Der Ruhm seiner Waffen und der Vergleich mit dem Auslande hob das Selbstgefühl des Landes, so dass an eine, Napoleon feindliche Bewegung, im alten Frankreich nicht zu denken *) Das Folgende nach „Metternich’s nachgelassene Papiere“, II. Bd. 2) Die Verhältnisse hatten sich gegen Ende 1811 wesentlich verändert.

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