Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)

Major Wiener des Generstabs-Corps: Das Corps des FML. Friedrich Freiherrn von Hotze in Feldzuge 1799

T Schloss Vaduz mit 50 Mann besetzt. Mit 30.000 bis 40.000 Mann regulärer Truppen glaubte Bellegarde beide Länder sichern und behaupten zu können. Die Vertheidigung von Graubünden war insbesondere damals kein leicht zu lösendes Problem. Die Franzosen waren Meister des Sargans’schen, der Cantone Glarus und Uri, dann der an Cisalpinien gefallenen, ehemals bündnerischen Besitzungen des Cleve’schen, des Veltlinischen und der Grafschaft Bormio. Die Grenzen des Cantons waren weit ausgedehnt, zahlreiche Pässe standen dem Feinde für eine Offensive in das Innere zur Verfügung. Wollte der Vertheidiger alle Zugänge entsprechend besetzen, so war eine grosse Zahl von Truppen dazu nöthig und eine Zersplitterung der Kraft die Folge. Die Ver- theidigungslinie des Rheins bot gleichfalls wenig Vortheile. Das hohe, unwegsame Gebirge tritt zumeist hart an den Fluss, der an vielen Stellen zu durchfurten ist; die Hauptcommunication, die Strasse von Chur nach Feldkirch, zieht im Thale längs der Front und war die einzige fahrbare Verbindung. Und selbst auf diese konnte kaum gerechnet werden, weil sie vom linken Ufer aus durch Geschütze beherrscht und durch einen einfachen Flussübergang vom Gegner unterbrochen werden konnte. Mit dem Rückzuge, beziehungsweise dem Nachschübe, war es daher übel beschaffen, da alle anderen Verbindungen nach rückwärts nur beschwerliche Saum- und Fuss- wege waren. Ein kräftiger Vorstoss des Feindes auf Chur und seine Fort­führung auf Davos, durchschnitt die Verbindung aller im Vorder- Rheinthale aufgestellten Truppen und vermochte auch jenen zuvor­zukommen, welche den Rückzug über Lenz in das Engadin zu nehmen beabsichtigten. Was aber die Verpflegung einer ansehnlichen, zum Theile an den Grenzen vertheilten Truppenmacht in Graubünden anbelangt, so war diese ganz undurchführbar. Auch als Vertheidigungslinie Vorarlbergs bot der Rhein geringe Vortheile. Von der Grenze Graubündens bis Schan tritt das Gebirge dicht an den Fluss; weiter gegen Norden begleitet es denselben auf einer Entfernung von einer halben bis zu einer Meile. Der Rhein ist auch hier nicht immer und überall ein absolutes Hinderniss; das linke Ufer dominirt, mit wenig Ausnahmen, das rechte, die Strasse zieht im Thale, die Verbindung mit dem Hinterlande ist auf die einzig fahrbare Strasse über den Arlberg beschränkt. Die Vertheidigung beider Länder konnte nur im Zusammenhänge gedacht und geführt werden. Aber Bellegarde glaubte mit der ange­gebenen Truppenzahl die Sicherung und Behauptung jedes einzelnen Gebietes zu erreichen, und hielt einen Durchbruch des Gegners für undurchführbar.

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