Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)
Major Edlen von Angeli: 1812. Die Theilnahme des k. k. österreichischen Auxiliar-Corps unter Commando des G. d. C. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwareznberg im Feldzuge Napoleon I. gegen Russland
Bundesgenossen, die Polen, so kann ich es nicht verhindern, und wir dürften dann selbst leicht in Streit gerathen Im Falle eines Unterliegens Frankreichs wäre die Neutralität jedenfalls die günstigere Partie gewesen, da dann die Wiederherstellung der früheren Ordnung der Dinge als nächste Consequenz anzusehen war; angenommen aber, es siegte Napoleon, so lag einzig nur in der Activität die Gewähr, dass bei den staatlichen Neubildungen, die dann unvermeidlich wurden, Österreich in seiner Existenz unberührt blieb. Wie schwierig nun auch die Entscheidung war, — endlich musste sie getroffen werden; ein längeres Zuwarten war nicht allein den Verhältnissen gegenüber unmöglich, sondern würde sogar ernste Gefahren für Österreich zur Folge gehabt haben, denen Metternich in seinem Vortrage an den Kaiser vom 28. November 1811 mit den Worten Ausdruck gab: „Die Ergreifung gar keiner politischen Partei in dem bevorstehenden Kriege ist meiner innersten Überzeugung nach, der sichere und unvermeidliche Untergang der Monarchie.“ Da ein Zusammengehen mit Russland unbedingt ausgeschlossen war, Napoleon aber die von Kaiser Franz angebotene bewaffnete Neutralität ablehnte und peremptorisch die active Theilnahme Österreichs mit mindestens 30.000 Mann forderte, so erübrigte eigentlich nur mehr, sich in diese Zwangslage unter den möglichst günstigen Vorbehalten zu fügen. Nach längeren diplomatischen Verhandlungen wurde zuletzt durch den kaiserlichen Botschafter in Paris, G. d. C. Fürsten Carl Schwarzenberg, am 14. März 1812 ein Vertrag unterzeichnet, laut welchem Kaiser Franz in die Beistellung des verlangten Hilfscorps unter der Bedingung willigte, dass sowohl von Frankreich als Russland die Neutralität und Unverletzbarkeit des österreichischen Gebietes anerkannt wurde. „Eine ähnliche excentrisclie politische Stellung“ — sagt Metternich in seiner autobiographischen Denkschrift — „hat die Geschichte aller Zeiten nicht aufzuweisen und wird ein zweites Beispiel dieser Art wohl nie mehr zu verzeichnen haben. Sie war das Ergebniss der Umstände und ein merkwürdiger Beleg für eine in allen Beziehungen phantastische und mit anormalen Zuständen aller Art gestrafte Periode. Napoleon suchte in der Abgabe eines österreichischen Hilfscorps an seine Heeresmacht nicht eine materielle, ihm als solche nicht noting scheinende Verstärkung seiner Streitkräfte, sondern eine moralische Garantie für das Stehenbleiben der übrigen österreichischen Truppen innerhalb der Grenzen des eigenen Reiches. Der Kaiser Alexander seinerseits erblickte in der Abschliessung der österreichischen Gebiete eine ihm günstige Schutzwache für die südlichen Provinzen des russischen Reiches. Beide Theile anerkannten die Neutralität Österreichs ungeachtet der Beistellung eines Hilfscorps.“ *) *) Metternich etc., II. Band.