Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg- 1778—1779. 87 werde Russland sofort Truppen in Galizien einrücken lassen. Da es sehr schwer war, die deutschen Fürsten zu diesem Schritte zu bewegen, so richtete Friedrich II. diesbezüglich ein Schreiben an die Czarin, welches den Erfolg hatte, dass man am 5. October in Petersburg beschloss, eine Vorstellung an den Wiener Hof zu richten. Katharina erklärte in der betreffenden Note, Österreich solle sich in der bayeri­schen Erbfolgefrage in friedlicher Weise ausgleichen, weil sie sonst den in Deutschland ausgebrochenen Krieg nicht länger gleiehgiltig ansehen könnte. Friedrich schmeichelte sich nun mit der Hoffnung, die russische Selbstherrscherin würde an der galizischen Grenze ein Armee-Corps aufstellen, um Österreich zum Frieden zu zwingen. Hier­über unterhielt er im Verlaufe der Monate September und October mit dem Prinzen Heinrich folgende Correspondenz: Die Briefe aus Russland versichern ihn, den König, in positiver Weise der Mitwirkung der Streitkräfte der Czarin. Wenn diese derart handelnd auftreten, wie er anzunehmen Grund habe, so werde sich die Kriegslage zu Gunsten der Preussen wenden (4. September). — Die Russen befänden sich bereits in der Marschbewegung und so dürfte man schon im Verlaufe des Monates October von denselben etwas hören. — Die Kaiserin begnüge sich nicht damit, als Alliirte aufzutreten, sondern sie wolle als kriegführende Hauptpartei an dem Feldzuge sich betheiligen (22. September). — Sie habe endlich den Entschluss gefasst, eine scharfe Erklärung dem Wiener Hofe überreichen zu lassen, damit er von seinen Prätensionen auf Bayern abstelie. Es sei aber zu befürchten, dass die Österreicher diese russische Declaration zum Anknüpfungspunkte von Unterhandlungen machen und Vortheile daraus ziehen werden. Die Erklärung des Petersburger Hofes, von keinen militärischen Massnahmen unterstützt, werde ohne Folgen bleiben, denn der Wiener Hof gebe nur dann nach, wenn Soldaten in Bewegung gesetzt wei’den, und kümmere sich sonst wenig um Worte. Mit Hinweis auf die Erklärung Russlands verlange Fürst Kaunitz jetzt schon von Frankreich die im Versailler Vertrage ausbedungene Hilfe, indess die Franzosen auf den Abschluss des Friedens lebhaft dringen. Der Eigen­sinn, mit dem der Kaiser in dem bayerischen Erbstreite verharre, lasse keine Hoffnung auf eine Nachgiebigkeit von Seite Österreichs (8. October). — Die Erklärung Russlands, dem Wiener Hofe endlich notificirt, beschränke sich, entgegen den früheren Zusagen der Kaiserin, als kriegführende Macht am Kampfschauplatze zu erscheinen, darauf, als Bundesgenosse Preussens in’s Feld zu rücken. Dies geschehe muthmasslich wegen der Unklarheit, die in Petersburg noch über die Dispositionen der Türkei herrsche. Nach sicheren und ver­bürgten Nachrichten werde Russland erst im nächsten Frühjahre eine Armee gegen Österreich aufstellen. Hiedurch aber würden die Angelegenheiten Preussens ein solches Übergewicht erlangen, dass

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