Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 83 verbündeten Preussen- Sachsen ihre Streitkräfte in dieser Gegend concentriren, würde die bei Jároméi aufgestellte Armee-Abtheilung zu der Hauptmacht stossen und zur Deckung ihrer Flanke an die Queis rücken *). Inzwischen hatte der König von Preussen, welcher von dem bei Silberberg vereinigten Heerestheile am 6. März wieder nach Breslau zurückgekehrt war, um von dort aus mit dem russischen Bevollmächtigten General Fürsten Repnin die Unterhandlungen zu leiten, ebenfalls die umfassendsten Vorkehrungen zur Fortführung des Krieges im Frühjahre getroffen. Die Meinungsverschiedenheit zwischen Friedrich II. und seinem Bruder Heinrich war in Folge des Abkommens des letzteren mit Feldmarschall v. Loudon, die Vorposten beider Armeen während des Winters ruhen zu lassen, wegen Zuredens des Kurfürsten von Sachsen, er möge seine Forderungen herabsetzen, endlich wegen der Kritik, welche der Prinz an der vom Könige angeordneten Unternehmung Möllendorf's gegen Brüx zu üben sich erlaubte, nach und nach so intensiv geworden, dass es zu einem förmlichen Bruche kam. Dem Prinzen Heinrich, welcher schon am 3. December 1778 um die Enthebung von seinem Commando aus Gesundheitsrücksichten gebeten und von dem Könige damals bescbieden wurde, den Oberbefehl über die II. Armee bis zu einem gelegeneren Zeitpunkte zu behalten, wurde jetzt plötzlich das Ober-Commando abgenommen, wie aus nachstehender Correspondenz zu ersehen ist. In Beantwortung der letzten Briefe des Prinzen schreibt der König am 19. Februar seinem Bruder: Die getheilte Aufstellung seiner Armee verschaffe den Österreichern das Mittel, überlegene Kräfte zu versammeln und den einen Theil zu erdrücken, während der andere nichts time. Man müsse thätig sein und handeln, und wenn man auch nicht immer vom Glücke begünstigt werde, so könne man sich doch mit der Zeit bei Nachahmung grosser Heerführer der jüngsten Vergangenheit manchen Erfolg versprechen. Der Krieg und die Weichlichkeit gehen nicht mit einander; Derjenige aber, der nach reiflicher Erwägung dennoch nichts unternehme, werde ewig ein armer Wicht bleiben. Dies lehre die Erfahrung und die Geschichte aller Kriege; es sei ein grosses Spiel des Zufalls, bei dom derjenige mit der Zeit gewinne, der am besten rechne. Am 11. April benachrichtigte sodann der König den Prinzen, dass der Erbprinz von Braunschweig bestimmt sei, ihn im Ober- Commando der II. Armee zu ersetzen, wenn die Feindseligkeiten wieder eröffnet werden sollten. An dem nämlichen Tage war auch vom Könige, mit Übergehung des Prinzen, an General-Lieutenant v. Möllendorf der Befehl ergangen, die Schlagfertigkeit der II. Armee Arneth: rMaria Theresia und Josef II. Ihre Correspondenz“. 6*