Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

84 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. zu betreiben und daher alle hiemit in Zusammenhang stehenden Anordnungen zu treffen. Prinz Heinrich fand sich durch diese Zurücksetzung tief gekränkt und machte in folgendem Schreiben vom 15. April an seinen könig­lichen Bruder dem gepressten Herzen Luft: Als Staatsbürger nehme er von dem bevorstehenden Frieden mit gleichem Eifer Kenntniss, mit dem er stets bestrebt war, seinem Vaterlande zu dienen. Er habe sich über den Inhalt der Briefe des Königs getröstet, obgleich ihn der vorletzte aus zwei Gründen tief verletzt habe. Erstens sei es hinlänglich bekannt, dass er der Tugenden nicht entbehre, dann besitze er genug Muth, das Unglück zu ertragen. Als dritten Grund könnte er noch hinzufügen, dass seine, des Prinzen, Carriére ab­geschlossen sei und dass er bald dem Ziele sich nähere, welches allem menschlichen Elend ein Ende bereite. Unterhandlungen und Friedensschluss zu Teschen. Each dem Scheitern der mit dem König von Preussen direct an­geknüpften Friedens-Unterhandlungen zu Braunau hatte die Kaiserin Maria Theresia sich bestimmt gefunden, unter Mitwirkung des Reiches und der Höfe von Versailles und Petersburg dem Kampfe ein Ende zu machen. Zu diesem Behufe war, wie bereits erwähnt, von Ihrer Majestät zur Zeit, als in den letzten August-Tagen die Operationen an der Iser eine ungünstige Wendung zu nehmen drohten, ein Brief an Friedrich II. gerichtet worden, der durch die Vermittlung des Kaisers an seine Adresse gelangen sollte. Da Josef II. dieses Schreiben, in Folge der inzwischen besser gewordenen Kriegslage bei dem in Action stehenden Heere, unbestellt zurücksandte, so forderte die Kaiserin ein Gutachten vom Fürsten Kaunitz ab. In dem betreffenden Votum vom 7. September fasste nun der Staatskanzler die politischen rmd militärischen Verhältnisse in ein Bild zusammen. Er setzte auseinander, dass man, ohne sich etwas zu vergeben, zur Wiederherstellung des Friedens die Vermittlung einer fremden Macht anrufen könne. Seiner Überzeugung nach würden die feindlichen Truppen ihre Winterquartiere in Böhmen beziehen und der Beginn der Feindseligkeiten im nächsten Frühjahre müsste alsdann unter ungünstigen Verhältnissen stattfinden. Das Aus­füllen der Lücken im Heere, die Beschaffung der erforderlichen Geld­mittel, ja selbst die Niederlage der königlichen Armee wären nicht vermögend, Schlesien zurück zu erobern, weil andere Mächte dies nicht zulassen würden. Die früheren Kämpfe Österreichs mit Preussen waren ganz anders geartet; damals handelte es sich nicht um Schlesien und Glatz, sondern um hohe Ziele, — nämlich die absolute Schwächung Preussens.

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