Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 5 Mit der Aufstellung zwischen Wolsdorf und Nachod soll der König die Absicht verbunden haben, durch Scheinangriffe gegen Königinhof und Hermanitz die zwischen Jároméi' und Schurz lagernden Österreicher festzuhalten, inzwischen aber mit der Hauptmasse des Heeres, durch den Königreich-Wald verdeckt, bei Werdek oberhalb Königinhof die Elbe zu überschreiten und über Weiss-Tfemesna auf den Höhen von Swicin Stellung zu nehmen. Bei Gelingen dieser Unternehmung würden die österreichischen Positionen hinter der Elbe durchbrochen, der linke Flügel vom rechten gewaltsam abgetrennt und die vom Feldmarschall Graf Lacy befehligte Armee-Abtheilung gezwungen worden sein, unter ungünstigen Verhältnissen sich zu schlagen oder ohne Gefecht den Rückzug anzutreten. Demgemäss liess der König in der Zeit vom 9. bis 15. Juli von Wolsdorf aus fortwährend Recognoscirungen gegen die Elbe-Übergänge unternehmen, aus denen er jedoch die Überzeugung gewann, dass die Ausführbarkeit seines Planes auf unüberwindliche Hindernisse stossen würde. Er schreibt hierüber am 10. und 11. Juli an den Prinzen Heinrich: „Ich stehe mit einer starken Vorhut bei Wolsdorf gegenüber dem feindlichen Lager von Járomét bis Arnau, habe alle Punkte recognos- cirt, über welche ich hoffen konnte, durchzudringen, erkenne aber die Unmöglichkeit, die Defiléen zu überschreiten, da uns die Artillerie nicht folgen könnte. Angesichts der ungeheueren Schwierigkeit, in dieser Richtung etwas Entscheidendes zu unternehmen, habe ich den Entschluss gefasst, den Erbprinzen von Braunschweig mit einem starken Corps nach Mähren zu senden, um hiedurch den Feind zu einer ähnlichen Diversion zu zwingen. In dem Maasse, als die Österreicher detachiren, werde ich es auch thun, und so darf ich hoffen, sämmtliche mir entgegenstehenden Truppen nach Mähren abziehen zu sehen, wodurch sich mir, da sie keine Zeit linden werden, dort wie hier sich zu verschanzen, die Gelegenheit bieten würde, einige Vortheile zu erringen. Ich beginne erst jetzt über die Sachlage bei der österreichischen Armee klarer zu sehen. Gestern den 12. Hessen sie 4 Cavallerie- und 8 Infanterie-Regimenter zu der Armee gegen Sachsen abrücken. Mir gegenüber steht der Kaiser mit Loudon, Lacy und Hadik, während Herzog Albrecht gegen Sachsen commandirt. Dies wird dem Prinzen Heinrich die Operationen gegen Böhmen wesentlich erleichtern. Die an der unteren Elbe angelegten österreichischen Verschanzungen erstrecken sich von Aussig gegen Dux, so dass dieser Ort vor dem linken Flügel liegt. Der König beschäftige den Kaiser durch kleine Postengefechte an der Elbe und durch nächtliche Scheinangriffe behufs Alarmirung des Lagers; mehr zu unternehmen, sei unmöglich. Die Fouragirungen gäben reichliche Ausbeute, da die Bevölkerung in keiner Weise dem Befehle des Kaisers nachkomme, das Getreide abzumähen. In einigen Tagen gedenke der König die Detachirung nach Mähren zu bewirken